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Brigitte Zypries
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Frage von Tobias F. •

Frage an Brigitte Zypries von Tobias F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zypries,

offenbar haben wir eine unterschiedliche Auffassung von Recht. Ein Verbrechen ist auch dann ein Verbrechen und strafbar, wenn es praktisch kaum bis nie begangen wird, völlig unabhängig von der Motivation des Verbrechens. Folglich ist eine Genitalverstümmelung auch immer eine Genitalverstümmelung, unabhängig davon, wie oft, warum und von, oder an wem sie praktiziert wird. Mit der "Beschneidung" (des männlichen Kindes) soll also ausdrücklich ein Verbrechen legalisiert werden. Dabei werden vier Grundrechte des (männlichen) Kindes außer Kraft gesetzt. Ohne jede Begründung.

Darum finde ich Ihre Antwort auf Frage 6 erstaunlich. Bitte gestatten Sie mir, sie zu präzisieren.

Wie Sie bereits auf andere Fragen antworteten, sei die männliche "Beschneidung" gesundheitsfördernd. Wenn dem so ist, sollte dann nicht tatsächlich die Vorschrift dazu für alle Männer die logische Konsequenz sein, um unsere Gesundheitskosten und damit die Solidargemeinschaft zu entlasten? Nicht zuletzt hätten die damit sinkenden Krankenkassenbeiträge positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Halten Sie es für vertretbar, dem Beitragszahler finanzielle Risiken zuzumuten, die vermeidbar wären, nur weil nicht alle Männer freiwillig zu der Überzeugung gelangen, auf ein Stück Haut zu verzichten, dass man (männlichen) Kindern problemlos amputieren kann, weil es – im Gegensatz zur weiblichen Variante dieses Körperteils – scheinbar absolut unnütz und noch dazu gesundheitsschädigend ist?

§ 1631d BGB hat doch gezeigt, dass es heutzutage keinen Grund mehr benötigt, um willkürlich gewählten Teilmengen der Menschen dieses Landes die Grundrechte vorzuenthalten. Was bei Kindern geht, soll bei erwachsenen Männern nicht gehen, nur weil die einen scheinbar medizinisch sinnvollen, wenn auch nicht notwendigen Eingriff ablehnen können?

Entspricht es nicht eigentlich Ihrer Aufgabe als Abgeordnete, derartige finanzielle Risiken zum Wohle aller zu beseitigen?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Freund,

es geht um die Frage, ob durch Eltern rechtfertigend eingewilligt werden kann.
Ich meine, ja, Sie offenbar nein. „Zwei Juristen – drei Meinungen“ heißt die alte Weisheit dazu.

Am kommenden Donnerstag, 22.11., wird der Regierungsentwurf zum Umfang der Personensorge bei der Beschneidung des männlichen Kindes in den Bundestag eingebracht. Am 26.11. gibt es dann eine öffentliche Expertenanhörung im Rechtsausschuss, bevor der Gesetzgebungsprozess weitergeht. Die Liste der geladenen Sachverständigen finden Sie hier: http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/31_Beschneidung/index.html. Sie können aus der Liste ersehen, dass kontroverse Meinungen berücksichtigt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries