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Frage von Tobias F. •

Frage an Brigitte Zypries von Tobias F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zypries,

in der aktuellen "Beschneidungsdebatte" treffen Sie sprachliche Unterscheidungen zwischen der weiblichen und der männlichen Genitalverstümmelung, obwohl es sich bei beiden um eine medizinisch nicht notwendige Amputation gesunder, funktionaler Körperteile handelt. Während Sie die weibliche Genitalverstümmelung ablehnen, wollen Sie die männliche Genitalverstümmelung legalisieren. Meine Fragen an Sie:

1) Es existieren leichte Formen der weiblichen Genitalverstümmelung, welche weniger weitreichende Auswirkungen als die männliche Genitalverstümmelung haben. (Amputation der Klitorisvorhaut, bzw. das bloße Einritzen) Wieso verwenden Sie dennoch in diesem Zusammenhang den Euphemismus "´Beschneidung´ von Jungen", obwohl es sich um den selben Sachverhalt handelt?

2) Inwiefern sehen Sie die medizinisch nicht notwendige Amputation gesunder, funktionaler Körperteile mit dem Kindeswohl vereinbar?

3) Womit begründen Sie die Notwendigkeit des damit verbundenen Eingriffs in gleich vier Grundrechte (Art. 1; 2; 3; 4 GG) des Kindes?

4) Wieso ist die weibliche Genitalverstümmelung indiskutabel, während die männliche Genitalverstümmelung – ebenfalls ein Verbrechen – legalisiert werden soll?

5) Die Genitalverstümmelung Erwachsener (Männer) steht ebenfalls nicht zur Debatte. Wie kann etwas bei einem Kind legal sein, was bei einem Erwachsenen illegal sein soll? Inwiefern deckt sich diese doppelte Interpretation des Rechts auf körperliche Unversehrtheit mit dem Kindeswohl, der Menschenwürde und dem Gleichbehandlungsgrundsatz?

6) Wenn die "Beschneidung" offenbar so vorteilhaft ist, dass Sie sie unter Vorenthaltung der unverletzlichen und unveräußerlichen Grundrechte, für eine willkürliche Teilmenge der Menschen in diesem Land, legalisieren wollen, wieso wird sie dann nicht gleich für alle Männer verbindlich vorgeschrieben?

7) Halten Sie den geplanten § 1631d BGB für verfassungskonform und werden Sie diesem zustimmen?

Mit freundlichen Grüßen

Portrait von Brigitte Zypries
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Freund,

der Unterschied zwischen Vorhautbeschneidung bei Jungen und weiblicher Genitalverstümmelung ist keineswegs ein „sprachlicher“, sondern es sind faktisch grundverschiedene Phänomene. Sie finden Antworten zu Fragen 1-4 in meine Antworten von Juli und August dieses Jahres:

http://www.abgeordnetenwatch.de/brigitte_zypries-575-38064--f350695.html#q350695
http://www.abgeordnetenwatch.de/brigitte_zypries-575-38064--f353532.html#q353532
http://www.abgeordnetenwatch.de/brigitte_zypries-575-38064--f351428.html#q351428
http://www.abgeordnetenwatch.de/brigitte_zypries-575-38064--f350675.html#q350675
http://www.abgeordnetenwatch.de/brigitte_zypries-575-38064--f350783.html#q350783
http://www.abgeordnetenwatch.de/brigitte_zypries-575-38064--f349626.html#q349626

Zu Frage 5 und 6: Beschneidung bei erwachsenen Männern ist nicht illegal. Die Erwachsenen können in den Eingriff einwilligen, das ist der Unterschied. Eine „Vorschrift“ ist natürlich Unsinn.

Zu Frage 7: Ich halte die vorgelegte Lösung prinzipiell für einen gangbaren Weg. Über Details der Ausgestaltung wird nun diskutiert. Die Koalitionsfraktionen haben die Einbringung des Regierungsentwurfs zur Regelung der Beschneidung von Jungen für November vorgesehen. Der Entwurf wird dann im parlamentarischen Verfahren ausführlich geprüft und beraten werden.

Mit freundlichen Grüßen

Brigitte Zypries