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Frage von Torsten S. •

Frage an Brigitte Zypries von Torsten S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zypries,

in der Presse wird gerade recht ausführlich berichtet, dass die Fraktionen von CDU, FDP und SPD planen, das Rederecht der einzelnen Abgeordneten zu begrenzen. (Quelle u.a.: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2012-04/bundestag-rederecht )

Der Parlamentspräsident wird dann dazu verpflichtet, ein Rederecht nur noch den von der Fraktion eingeteilten Redner erteilen. Eine Ausnahme ist nur noch theoretisch und zeitlich eingeschränkt vorgesehen, wird aber mit diversen Maßnahmen (Absprache mit allen (!) Fraktionen, Festlegung der Reihenfolge) praktisch unmöglich gemacht.

Für mich persönlich, der im kleineren Rahmen einer Gemeindevertretung auch in einer Fraktion sitzt, ist dies ein erheblicher Einschritt in die Rechte des einzelnen Abgeordneten. Laut §38 GG ist ein Abgeordneter nur seinem Gewissen unterworfen und an keine Weisung gebunden. Die vorgeschlagene Änderung höhlt dies jedoch im erheblichen Maße aus und erweitert den Fraktionszwang unangemessen. Gleichzeitig beschneidet es die Rechte von Vertretern von Minderheitsmeinungen.

Daher meine Frage: Wie stehen Sie zu dieser Änderung der Geschäftsordnung?

Schöne Grüße aus Seeheim

Torsten Schulz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schulz,

die Vorschläge zum Rederecht, die in den letzten Tagen in der Presse diskutiert wurden, sind nicht in den Fraktionen beraten worden - und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich dafür in der SPD-Fraktion ein Konsens gefunden hätte!

Es gilt auch bei diesem Thema - wie fast immer-: Weder das eine noch das andere Extrem ist gut. Natürlich dürfen Abgeordnete im Bundestag nicht so beschränkt werden, dass sie künftig nur noch ans Rednerpult treten können, wenn es den Fraktionen passt. Es müssen abweichende Meinungen zu Gehör kommen können, sonst verkommt das Parlament zur Schaukampf-Arena. Aber natürlich geht es auch nicht, dass jeder, der möchte, bei einer Debatte reden kann - denn dann legen wir den Parlamentarismus auch lahm. Wir haben dieses Problem in der Praxis allerdings gar nicht. Deshalb finde ich es gut, dass der Präsident über Ausnahmen entscheidet - das kann auch so bleiben, man muss nicht immer alles regeln.

Ich habe übrigens ungewöhnlich viele Prostestschreiben zu diesem Thema bekommen - meine Kollegen sicherlich auch. Und ich muss gestehen, dass ich mich, wenn schon nicht über den Vorstoß an sich, dann doch über die ganzen Reaktionen freue. Sie zeigen, dass es ein Bewusstsein dafür gibt, wie wichtig unsere demokratischen Grundsätze sind. Und sind ein Zeichen dafür, dass wir Demokratie persönlich nehmen.

Außerdem sieht man mal wieder: Protest nützt doch etwas - die geplante Regelung zum Rederecht im Parlament ist schließlich erst einmal vom Tisch. Nach den lauten Protesten wird der ursprünglich für nächsten Donnerstag geplante Tagesordnungspunkt zu den Änderungen der Geschäftsordnung jetzt abgesetzt - und das ist richtig so. Die Koalition will einen neuen Vorschlag machen, der dann ausführlich und mit allen diskutiert werden wird. Und wir werden sicherstellen, dass auch zukünftig andere Meinungen im Parlament ausgesprochen und gehört werden.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries