Frage an Brigitte Zypries von Daniel K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Frau Zypries,
heute morgen war überall nachzulesen, dass CDU und SPD gemeinsam die Geschäftsordnung des Bundestages zu ändern gedenken, um für die Zukunft einzelnen Abgeordneten das Rederecht entweder zu verweigern oder zumindest stark einzuschränken, wenn nicht vorher die jeweilige Fraktion die Erlaubnis erteilt hat.
Die Formulierung mag nicht stimmen, im Grundsatz ist es aber so korrekt.
Teilen Sie doch bitte kurz mit, wie Sie persönlich dazu stehen und ob Sie diesen zutiefst undemokratischen Vorstoß unterstützen. Zudem würde mich freuen zu hören, was Sie dagegen tun werden bzw. wie die SPD Fraktion das alles legitimiert.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Karg
Sehr geehrter Herr Karg,
die Vorschläge zum Rederecht, die in den letzten Tagen in der Presse diskutiert wurden, sind nicht in den Fraktionen beraten worden - und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich dafür in der SPD-Fraktion ein Konsens gefunden hätte!
Es gilt auch bei diesem Thema - wie fast immer-: Weder das eine noch das andere Extrem ist gut. Natürlich dürfen Abgeordnete im Bundestag nicht so beschränkt werden, dass sie künftig nur noch ans Rednerpult treten können, wenn es den Fraktionen passt. Es müssen abweichende Meinungen zu Gehör kommen können, sonst verkommt das Parlament zur Schaukampf-Arena. Aber natürlich geht es auch nicht, dass jeder, der möchte, bei einer Debatte reden kann - denn dann legen wir den Parlamentarismus auch lahm. Wir haben dieses Problem in der Praxis allerdings gar nicht. Deshalb finde ich es gut, dass der Präsident über Ausnahmen entscheidet - das kann auch so bleiben, man muss nicht immer alles regeln.
Ich habe übrigens ungewöhnlich viele Prostestschreiben zu diesem Thema bekommen - meine Kollegen sicherlich auch. Und ich muss gestehen, dass ich mich, wenn schon nicht über den Vorstoß an sich, dann doch über die ganzen Reaktionen freue. Sie zeigen, dass es ein Bewusstsein dafür gibt, wie wichtig unsere demokratischen Grundsätze sind. Und sind ein Zeichen dafür, dass wir Demokratie persönlich nehmen.
Außerdem sieht man mal wieder: Protest nützt doch etwas - die geplante Regelung zum Rederecht im Parlament ist schließlich erst einmal vom Tisch. Nach den lauten Protesten wird der ursprünglich für nächsten Donnerstag geplante Tagesordnungspunkt zu den Änderungen der Geschäftsordnung jetzt abgesetzt - und das ist richtig so. Die Koalition will einen neuen Vorschlag machen, der dann ausführlich und mit allen diskutiert werden wird. Und wir werden sicherstellen, dass auch zukünftig andere Meinungen im Parlament ausgesprochen und gehört werden.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries