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Frage von Thomas B. •

Frage an Brigitte Zypries von Thomas B. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,

meines Wissens sind alle Bundesminister sowie die Bundeskanzlerin auch Mitglieder des Bundestages.
Wie ist das mit Artikel 66 GG zu vereinbaren?

mit freundlichen Grüßen

Thomas Baum

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Baum,

Sie weisen in Ihrer Frage auf Artikel 66 des Grundgesetzes, der lautet: „Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.“ Daraus ziehen Sie den Schluss, das Ministeramt und das Amt des Bundeskanzlers seien wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung grundsätzlich vom Abgeordnetenmandat zu trennen.

Während man den Artikel zwar so auslegen kann, ist diese Auffassung aber nicht durch das Grundgesetz vorgegeben: In Artikel 53a GG steht ausdrücklich, dass Abgeordnete der Bundesregierung angehören dürfen.
Dort ist für den Gemeinsamen Ausschuss (Notparlament im Verteidigungsfall) bestimmt, dass dieser zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates besteht und zu zwei Dritteln aus Abgeordneten des Bundestages, die aber nicht der Bundesregierung angehören dürfen. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass es durchaus Abgeordnete geben darf, die Mitglieder der Bundesregierung sind.

Das Bundesverfassungsgericht ist teilt diese Auffassung, was Sie aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4.7.2007, 2 BvE 1/06, Randnummer 218 ersehen können:

„Der Übernahme von Regierungs- oder Parteiämtern durch Abgeordnete steht § 44 a Abs. 1 Satz 1 AbgG nicht entgegen. Dem Normzweck entsprechend wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich klargestellt, dass beispielsweise die Vereinbarkeit eines Regierungsamtes (Bundeskanzler, Bundesminister) mit der Mitgliedschaft im Parlament nicht ausgeschlossen werden soll (BTDrucks 15/5671, S. 4). Entsprechendes gilt für die Parlamentarischen Staatssekretäre und die Wahrnehmung von parteipolitischen Aufgaben (Parteivorsitzender, Geschäftsführer, Generalsekretär). Alle diese Aufgaben stehen in dem vom Grundgesetz vorgezeichneten Prozess demokratischer Willensbildung, in dem den Parteien eine vermittelnde Rolle zukommt (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG; näher BVerfGE 52, 63 <82 f.>), die Regierung vom Vertrauen des Parlaments abhängig (Art. 63, Art. 68 GG; vgl. BVerfGE 114, 121 <149 ff.>) und die gleichzeitige Mitgliedschaft in Parlament und Regierung erlaubt ist (Art. 53a Abs. 1 Satz 2 GG), in so enger Verbindung zu den Aufgaben des Parlaments, dass eine personelle Verschränkung nicht der Verpflichtung des Abgeordneten zuwiderläuft, das Mandat in den Mittelpunkt seiner Tätigkeit zu stellen.“

Ich bin selbstverständlich der Meinung, dass die Gewaltenteilung eine wichtige Grundlage unseres Rechtsstaates ist - sie führt zu gegenseitiger Kontrolle, zur Hemmung und Mäßigung der staatlichen Gewalt. Diese Funktion ist allerdings bei Zusammentreffen von Ministeramt und Mandat nicht beeinträchtigt.

Mit freundlichen Grüßen,

Brigitte Zypries