Frage an Brigitte Zypries von Wilfried M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
vor dem Hintergrund der bekannten - z.B. am 13.12.2011 von der ARD- Sendung "Report Mainz" berichteten (vgl. Video unter Link 1) - Leidensgeschichte um Herrn Mollath aus Franken möchte ich von Ihnen in Erfahrung bringen, ob Sie sich eine umfassendere Untersuchung der Sinnhaftigkeit zwangsweiser Behandlung angeblich psychisch kranker Rechtsbrecher vorstellen können.
Stimmt es denn, daß der Maßregelvollzug überhaupt erstmals in Deutschland und unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers eingeführt wurde?
Ist es mit der Freiheit der Arztwahl vereinbar, wenn Patienten im Maßregelvollzug einer - allein aufgrund regionaler Zuständigkeit bestimmten - Klinik mit je ganz konkretem (womöglich wechselndem) Personal zugewiesen werden?
Kann eine solche Zuordnung (ohne Wahlmöglichkeit) Ihrer Überzeugung nach ohne Auswirkung auf den konkret erreichbaren Behandlungserfolg bleiben?
Meinen Sie, daß jeder Psychiater und/ oder jeder Psychotherapeut in solch einer Klinik für jeden infrage kommenden Untergebrachten optimale Behandlungsergebnisse erreichen kann?
Gibt es für Maßregelvollzugsuntergebrachte grundsätzlich Möglichkeiten, sich von einem Arzt ihres Vertrauens (z.B. aus einem anderen Bundesland) untersuchen und ggf. Entlassungs- oder auch alternative Behandlungsvorschläge machen zu lassen?
Falls es diese Möglichkeiten nicht gibt: Wäre es nicht an der Zeit, in Ihrer Fraktion nach Möglichkeiten zu suchen, Gesetzesvorhaben solchen Inhalts auf den Weg zu bringen?
Könnten Sie sich zum Beispiel vorstellen, daß der stationäre Maßregelvollzug künftig abgeschafft und stattdessen jedem Rechtsbrecher eine freiwillige seelenheilkundliche Behandlung in der Justizvollzugsanstalt bzw. von dort aus ermöglicht wird unter Einräumung von echten Wahlmöglichkeiten?
Mit freundlichen Grüßen
Dipl. Med. W. Meißner
Facharzt
Deutsches Institut für Totalitarismusabwehr
Sehr geehrter Herr Meißner,
wenn jemand eine erhebliche Straftat im Zustand der Schuldunfähigkeit begeht, kann er nicht bestraft werden. Das Gericht ordnet dann aber die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus – unter Umständen auch in einer Entziehungsanstalt – an, wenn zu erwarten ist, dass der Täter weitere erhebliche Straftaten begehen wird und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. So steht es im Strafgesetzbuch und ich sehe keine vernünftige Alternative zu dieser Regelung. Die freie Arztwahl ist damit natürlich eingeschränkt. Auch das halte ich für angemessen.
Mit freundlichen Grüßen,
Brigitte Zypries