Portrait von Brigitte Zypries
Brigitte Zypries
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Brigitte Zypries zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Günter S. •

Frage an Brigitte Zypries von Günter S. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,

die Justizminister der EU haben sich vor ca. 3 Jahren auf einen Rahmenbeschluss gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit geeinigt. Rassistische Hetze und Leugnung von Völkermorden sollten europaweit unter Strafe gestellt werden. Sie gehen sicherlich mit mir einig, dass es sich bei den Massakern an 1,5 Mio. Armeniern im Osmanischen Reich in den Jahren 1915 bis 1918 um einen Genozid gehandelt hat.

Nun hat im letzten Jahr der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat gefordert, die Behandlung des Genozids an den Armeniern aus den brandenburgischen Lehrplänen zu streichen. "Es sei die Aufgabe der Historiker, solche geschichtlichen Ereignisse zu untersuchen und zu bewerten, dies aber sei bisher unzureichend und einseitig behandelt worden", meinte Kolat in der „Hürriyet“.

Ich denke, damit war der Tatbestand der Leugnung dieses Genozids, der von zahlreichen Zeugen unterschiedlicher Nationalitäten penibel dokumentiert und zweifelsfrei erwiesen ist, voll erfüllt.

Und daran knüpfen sich folgende Fragen:

1. Wurden hier staatsanwaltliche Ermittlungen eingeleitet? Bei vergleichbaren Taten Rechtsradikaler zieht sogar die Bundesanwaltschaft den Fall an sich. Wenn nicht ermittelt wurde, warum verzichtete man darauf? Aus political correctness?

2. Wenn schon kein Interesse seitens der Justiz an der Behandlung des Falles bestand, so wundert es mich, dass das SPD-Mitglied Kolat nicht umgehend aus der SPD ausgeschlossen wurde. Ich nehme an, dass die SPD sich nicht in dem Verdacht aussetzen will, Genozid-Leugner, die von Rechts wegen bestraft gehörten, in ihren Reihen zu halten.

Nur bei Sarrazin lief die Sache völlig anders. Hier schlug die gesamte Staatsmacht, vom Bundespräsidenten, der Kanzlerin, zahlreichen Spitzenpolitikern und hierdurch unter Druck gesetzt, auch der Arbeitgeber, die Bundesbank, mit voller Macht auf ihn ein. Die SPD wirft ihn raus, obwohl seine teils pointierten Aussagen bisher nicht widerlegt wurden.

Portrait von Brigitte Zypries
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schreiber,

leider liegt mir die original Version des Kolat-Beitrages aus der „Hürriyet“ nicht vor, so dass ich mich bei meiner Antwort auf das Zitat aus Ihrer E-Mail beziehe.

Gerade in der Sozialdemokratie wird großen Wert auf die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit gelegt. Dieses hohe Gut ist jedoch gewiss kein Freifahrtschein für Beleidigungen oder Provokationen, garantiert jedoch jedem Mitglied unserer Gemeinschaft - als Individuum - einen eigenen Standpunkt haben zu dürfen und diesen - in gewissen Grenzen - auch zu äußern.

Aufgrund des vorliegenden Zitats kann ich mir jedoch keine Wertung darüber erlauben, ob es sich - wie von Ihnen interpretiert - um die Leugnung eines Genozids handelt und einen Parteiausschluss rechtfertigen würde. Ich bitte daher um Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen

Brigitte Zypries