Frage an Brigitte Zypries von Wolf L. bezüglich Familie
Sehr geehrte Bundesministerin Frau Zypries,
mit dem Hinweis auf die diesjährige Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention möchte ich gerne Ihre Meinung zum Artikel 20, insbesondere zur Frage der Verwirklichung des Grundrechtes auf persönliche Mobilität, nachfragen?
Wurde diese Frage zwischenzeitlich schon einmal bezüglich der staatlichen Umsetzung eines tatsächlichen und real für die betroffenen behinderten Menschen verwirklichbaren Anspruchs zur versprochenen persönlichen Mobilität, in den politischen Entscheidungsgremien erörtert?
Wissen Sie, wie die aktuelle Rechtsprechung in der Bundesrepublik (trotz der Sozial- und Gesetzesbindung), die Grundrechte der behinderten Menschen, entsprechend den Grundlagen der UN-Konvention und des Artikel 6 der EMRK, einschließlich des Grundrechts nach Artikel 103 GG, in den gerichtlichen Entscheidungen tatsächlich berücksichtigt? Kennen Sie die Vielzahl von einschlägigen Entscheidungen der obersten Gerichte, zum Nachteil der betroffenen behinderten Menschen und zu Lasten der Allgemeinheit? Können Sie die Notlage hilfloser Menschen aus abschlägigen richterlichen Entscheidungen nachvollziehen?
Haben Sie eine eigene konkrete Vorstellung davon, wie schwer es für die betroffenen behinderten Menschen ist, aus dem verbrieften Rechtsanspruch der UN-Konvention, tatsächliche Mobilität trotz der jeweils individuellen Situation erlangen zu können?
Vielen Dank für Ihr Verständnis für die Belange behinderter Mitmenschen und Ihre Rückantwort.
Mit freundlichen Grüßen
Wolf Lefèvre
(Tetraplegiker)
Sehr geehrter Herr Levefre,
ich würde mir nie anmaßen, aus einer Gerichtsakte oder auch der umfassenden Rechtsprechung zu einem Thema ein persönliches Schicksal ermessen zu können. Das würde den Betroffenen nicht annähernd gerecht. Dennoch versuche ich natürlich, mich in die Lage meiner behinderten Mitbürger hineinzuversetzen. Ich gebe Ihnen daher Recht, wenn Sie sagen, dass im Bereich der Gleichstellung behinderter Mitmenschen noch eine Menge Arbeit auf uns wartet, nicht nur im Bereich der Mobilität. Dass ich mich dafür einsetze, zeigt nicht nur der überdurchschnittliche Anteil der behinderten Menschen, die im Bundesministerium der Justiz arbeiten, sondern auch die Schaffung von Gesetzen wie dem allgemeinen Gleichstellungsgesetz.
Was Ihre Rechtsauffassung zu Artikel 20 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen betrifft, muss ich Sie leider korrigieren. Artikel 20 des Übereinkommens zielt zwar darauf, die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen und verpflichtet die Vertragsstaaten mit Blick darauf zu wirksamen Maßnahmen. Ein Grundrecht auf Mobilität gewährt der Artikel jedoch nicht.
Einen Überblick zu den Aktivitäten der Bundesregierung können Sie dem Behindertenbericht 2009 entnehmen, http://www.bmas.de/portal/9828/.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries