Frage an Brigitte Zypries von Werner B. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
leider sind viele Gesetze bzw. deren Auslegung mit gesundem Menschenverstand nicht mehr nachvollziehbar, trotzdem sind sie für die meisten Bürger verbindlich. Vielleicht werden sie aber nachvollziehbarer, wenn die, die diese Gesetze machen bzw. nicht ändern und damit tolerieren, sie dem Bürger erklären.
Ich habe daher an Sie die Bitte, erklären Sie mir warum der Gesetzgeber in den folgenden Beispielen einen Gesetzestext gegen mein (gesundes?) Rechtsempfinden bevorzugt hat:
Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen.
Stellen Sie sich vor, jemand macht bei der Polizei, der Führerscheinstelle, dem Sozialamt oder einer anderen öffentlichen Institutionen falsche Angaben zu seiner Person, evtl. sogar mit falschen, veralteten oder unleserlichen Papieren. Werden dann Rechtsmittel gegen den Mitarbeiter oder das Amt eingeleitet, weil er/sie/es sich hat beschwindeln lassen? – MIT SICHERHEIT NICHT !!
Warum gehen Sie aber gegen Lebensmittelgeschäfte, Tankstellen, Kioskbesitzer, Wirte etc. wegen des gleichen "Vergehens" vor?
Warum werden nicht die Jugendlichen, die die falschen Angaben gemacht haben, zur Rechenschaft gezogen? Schon der Versuch sollte strafbar sein !
Und warum bleiben die Eltern bei dieser Diskussion immer aussen vor? Eltern sollten, vor allen andern, für ihre Kinder haften und zur Rechenschaft gezogen werden !
"Nebenkosten" bei Strafen
Bei Schwerverbrechern habe ich den Eindruck, das alle "Nebenkosten" wie z.B. Gerichtskosten, während der Ermittlung notwendige Auslandsreisen, Dinge, die bei der Festnahme zu Bruch gehen, die anschließenden "Aufentskosten", etc. nicht vom Verurteilten zu bezahlen sind.
Stimmt das?
Wenn ja, warum ist da so? Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit, wenn dem kleinen Sünder neben der Strafe eine Bearbeitungsgebühr (Was ist das eigentlich?) auferlegt wird, während die "kostenträchtigen Fälle" finanziell für den Aufwand den sie verursachen nicht aufkommen müssen?
Vielen Dank schon mal für ihre Antwort.
W. Balfanz
Sehr geehrter Herr Balfanz,
im Falle einer Dokumentenfälschung stellen sich die Haftungsfragen nicht ganz so dar, wie von Ihnen geschildert: Wenn ein Beamter oder ein Angestellter einer Behörde schuldhaft einen gefälschten Nachweis über die Altersangabe anerkennt und daraufhin zum Beispiel eine Genehmigung erteilt, die nicht hätte erteilt werden dürfen, dann wird selbstverständlich gegen ihn vorgegangen. Sollte ein Bürger aufgrund dieses Vorgangs einen Schaden erleiden, kann ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung gegen den Beamten bzw. seine Behörde in Betracht kommen.
Gegen Verkäufer von Zigaretten oder alkoholhaltigen Getränken, die diese unberechtigterweise an Jugendliche abgeben, wird deshalb vorgegangen, weil nur auf diese Weise effektiv erreicht werden kann, dass der Zugang von Jugendlichen zu diesen Drogen erschwert wird. Wenn Jugendlichen kein Alkohol und keine Zigaretten verkauft werden, können sie sie auch nicht konsumieren. Von den Verkäufern wird dabei auch nichts Unverhältnismäßiges verlangt. Schließlich müssen sie sich einfach nur einen Personalausweis oder einen Führerschein vorzeigen lassen und so das Alter überprüfen. Ist das Dokument veraltet oder unleserlich, bestehen also weiterhin Zweifel am Alter, dürfen sie es einfach nicht anerkennen und keinen Alkohol abgeben. Das ist meiner Auffassung nach durchaus zumutbar. Sollte das Dokument aber gefälscht sein und zwar so, dass die Fälschung nicht offensichtlich erkennbar ist, dann wird den Verkäufer kein Verschulden treffen, was aber Voraussetzung für ein straf- oder zivilrechtliches Vorgehen gegen ihn ist.
Es stimmt nicht, dass "Schwerverbrechern" alle Kosten im Zusammenhang mit ihrem Prozess erstattet werden, insbesondere die Gerichtskosten sind im Falle eines Schuldspruchs vom Verurteilten zu tragen. Auch muss er für Gegenstände, die er zerstört, aufkommen. Eine Ausnahme gibt es nur für den Fall, dass der Angeklagte kein Geld hat, um den für eine ordentliche Verteidigung notwendigen Rechtsbeistand durch einen Rechtsanwalt zu finanzieren. Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich, dass jeder Angeklagte die Chance haben muss, sich zu verteidigen. Deshalb wird ihm bei Mittellosigkeit ein Anwalt finanziert.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries