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Frage von Janet K. •

Frage an Brigitte Zypries von Janet K. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Zypries,

Ich habe eine Frage zum Ehegattenunterhalt. Ist es zulässig, dass die geschiedene Ehefrau von Ihrem Expartner Ehegattenunterhalt nach drei Paragraphen (§§1570, 1572 und 1573) im Rahmen eines einzelnen Unterhaltsprozesses einklagen kann?

Im konkreten Fall erhält die Klägerin Prozesskostenhilfe und trägt daher ein sehr überschaubares Prozesskostenrisiko (nur die Anwaltskosten des Beklagten), während der Beklagte auf diese Weise ein extrem großes Prozesskostenrisiko zu tragen hat. Im für ihn ungünstigen Fall hätte der Beklagte zusätzlich zu den Anwaltskostenkosten beider Parteien auch die Gerichtskosten und die noch viel höheren Kosten für mehrere ärztliche Gutachten (für die Klägerin und jedes der Kinder) zu bezahlen.

Gleichzeitig steigt mit jedem angeführtem Paragraphen auch sein Risiko, dass das Gericht zu seinen Ungunsten entscheiden würde.
Die Umstände führten meiner Meinung nach dazu, dass der Beklagte zum Abschluß eines sehr unfairen Vergleichs gezwungen werden kann. Wäre die Klägerin gezwungen, den einen Paragraphen zu benennen, mit dem sie sich die besten Chancen erhofft, wäre der Prozess kürzer und weniger aufwändig und das Prozesskostenrisiko gerechter verteilt.

Mit freundlichen Grüßen,
J.K.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kenklies,

ein geschiedener Ehegatte ist grundsätzlich berechtigt, zur Wahrung seiner eigenen Interessen gegebenenfalls sogar gezwungen, seinen Unterhaltsanspruch auf verschiedene Unterhaltstatbestände zu stützen.

Trotz der in den §§ 1570 bis 1576 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelten verschiedenen Unterhaltstatbestände handelt es sich bei dem Anspruch auf nachehelichen Unterhalt um einen einheitlichen Anspruch, der dementsprechend in einem Unterhaltsprozess geltend zu machen ist. Der Anspruch des geschiedenen Ehegatten kann sich im Einzelfall durchaus aus verschiedenen Unterhaltstatbeständen ergeben. Ist zum Beispiel der den Unterhalt begehrende Ehegatte nach der Scheidung sowohl wegen Kindesbetreuung als auch wegen Krankheit an einer Erwerbstätigkeit gehindert, so ergibt sich die Unterhaltsberechtigung gleichzeitig aus § 1570 BGB (Betreuungsunterhalt) und § 1572 BGB (Unterhalt wegen Krankheit). Die verschiedenen Einzeltatbestände können sich des Weiteren dahingehend ergänzen, dass sie für sich genommen jeweils nur einen Anspruch auf Teilunterhalt und erst in ihrer kumulativen Anwendung einen weitergehenden Gesamtunterhaltsanspruch begründen. Trifft im obigen Beispielfall den Berechtigten trotz Kinderbetreuung und Krankheit eine Teilerwerbsobliegenheit, hat er lediglich einen Unterhaltsanspruch bis zur Höhe des Mehreinkommens, das er durch eine Vollerwerbstätigkeit erzielen könnte. Kann der Berechtigte allerdings eine angemessene Teilerwerbstätigkeit trotz ausreichender Bemühungen nicht finden, kann er seinen Anspruch bis zur Höhe des durch eine teilschichtige Tätigkeit zu erzielenden Einkommens ergänzend auf § 1573 Absatz 1 BGB stützen.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries