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Frage von Klaus L. •

Frage an Brigitte Zypries von Klaus L. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Zypries,

in Ihrer Pressemitteilung vom 18.06.2006 zur Verschärfung der Regeln für Vorstands- und Aufsichtsratvergütungen weisen Sie darauf hin, dass Vorstände, sofern sie zum Schadensersatz verpflichtet sind, das 1,5 fache ihres fixen Jahresgehaltes selbst zu tragen haben. Eine Abwälzung auf eine Versicherung, wie bisher üblich, ist nicht mehr möglich.

Mir ist nicht klar, um welche Fälle es sich eigentlich handelt.
Können Sie einmal 2 oder 3 Beispiele nennen ?
Betrug, Untreue, Bilanzfälschung, Schmiergeldzahlungen oder Konkursverschleppung werden doch nach wie vor durch das Strafrecht behandelt und nicht durch das geänderte Aktiengesetz. Oder hat sich daran etwas geändert ?

Sagt das verschärfte Gesetz etwas darüber aus, wer bindend die Schadensersatzpflicht eines Vorstandes feststellt, oder bleibt das letztlich (möglicherweise jahrelangen) Gerichtsverhandlungen vorbehalten ?

Gegen Schadensersatzansprüche kann sich jeder Bürger durch eine Privathaftpflichtversicherung versichern. Dieses grundsätzliche Recht wird für Vorstände nun außer Kraft gesetzt bzw. stark eingeschränkt. Gibt es im Justizministerium keine Bedenken, dass die neue Haftungsregel von den Gerichten wieder gekippt wird ?

Wenn Sie keine Bedenken haben, könnte man die Haftungsregeln doch auch auf andere Berufsgruppen, die weitreichende Entscheidungen treffen, ausdehnen,
Sollten nicht auch die Politiker mit einbezogen werden ?

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Link

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Link,

zutreffend weisen Sie darauf hin, dass nunmehr Vorstände einen Teil der von ihnen verursachten Schäden selbst zu tragen haben. Das gilt für alle von ihnen verursachten Schäden zu Lasten der jeweiligen Gesellschaft. Keinesfalls handelt es sich dabei um strafrechtlich relevante Fälle, die für die von Ihnen genannten Beispiele grundsätzlich vorsätzliches Handeln erfordern, und in denen das Vorstandsmitglied ohnehin ohne Einschränkung haftet. Zivilrechtliche Schadensersatzverpflichtungen können bereits bei fahrlässigen Verletzungen der Pflichten als Vorstandsmitglied, die nicht strafbar sind, begründet werden. Zu denken ist an das Nichtverfolgen der durch den Gesellschaftszweck vorgegeben Unternehmenszwecke, das Eingehen unverantwortlicher Risiken auf unangemessener Informationsbasis oder die Verletzung der Informationspflichten gegenüber anderen Gesellschaftsorganen, sofern der Gesellschaft dadurch ein Schaden entstanden ist. Eine Verantwortlichkeit des Vorstands kann sich auch daraus ergeben, dass er es schuldhaft unterlässt, Schaden von der Gesellschaft abzuwenden.

Selbstverständlich bleibt es im Streitfall dabei, dass die Schadensersatzverpflichtung des betroffenen Vorstandsmitglieds von einem unabhängigen Gericht festgestellt wird. Auch längere Gerichtsverfahren müssen zur umfassenden Sachverhaltsfeststellung und zur Beurteilung der Rechtsfragen in Kauf genommen werden. Alles andere wäre mit dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip unvereinbar.

In der Tat wird allerdings die Vertragsfreiheit durch die Verpflichtung zum Selbstbehalt eingeschränkt. Gegen diese Regelung bestehen keine Bedenken, zumal die Verpflichtung zum Selbstbehalt nur bei Versicherungen besteht, bei denen die Gesellschaft selbst die Prämien bezahlt. Ein ausdrückliches Verbot, dass das Vorstandsmitglied sich nicht seinerseits in Höhe des Selbstbehalts versichern darf, enthält das Gesetz nicht. Allerdings wirkt der Deutsche Corporate Governance Kodex jetzt darauf hin, dass dies nicht geschieht.

Eine Ausdehnung der Haftungsregelungen auf weitere Berufsgruppen wird - vorbehaltlich besonderer arbeitsrechtlicher Regelungen - derzeit nicht erwogen, da der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung in erster Linie auf Fehlentwicklungen bei Aktiengesellschaften reagieren wollte. Die persönliche Haftung von Politikern, die ein öffentliches Amt ausüben, kann sich nach den Umständen des Einzelfalls bereits auf der Grundlage des geltenden Rechts ergeben, § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verbindung mit Art. 34 des Grundgesetzes..

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries