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Brigitte Zypries
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Frage von Pierre V. •

Frage an Brigitte Zypries von Pierre V. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Werte Frau Zypries,

gibt es Bestrebungen, eingedenk der globalen Vernetzung das derzeit geltende nationale ´Kopierrecht´ allmählich zugunsten einer Kulturflatrate aufzuweichen bzw. aufzugeben?

Schließlich ist Google Books nicht das einzige digitale Schlachtfeld. Auch Musik- und Filmindustrie kämpfen bereits seit Jahren gegen Windmühlen; sie kriminalisieren und bedrohen* sogar minderjährige Fans, anstatt ihr Angebot den technischen Standards anzupassen.

(*Ich erinnere hier nur an den unsäglichen Raubkopierer-Fernsehspot, in dem Datei-Vervielfältigern unverholen Analvergewaltigung ´versprochen´ wird, sobald sie erst im Gefängnis sind.)

Die großen Verlage und Major Labels malen zwar den Untergang des geistigen Abendlandes an die Wand, doch sie unterschlagen, dass es vielen Künstlern relativ egal ist, wer sie bezahlt; Hauptsache, sie dürfen weiter Kunst schaffen, musizieren und philosophieren, ohne durch die Maschen des sozialen Netzes zu rutschen.

Also: Welches Interesse sollten die Gesetzgeber haben, eine komplette Generation bei Strafe dazu zu zwingen, auf dem derzeitigen technischen (und geistigen) Level zu verharren? Sollte der Erhalt unzeitgemäßer Regelungen tatsächlich wichtiger sein als die wohlwollende Förderung aller Dichter- und DenkerInnen und deren Publikums?

Mit freundlichem Gruß,
Pierre Vlcek.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Vlcek,

ich setze mich schon lange dafür ein, dass Kreative eine angemessene Vergütung für Ihr Schaffen erhalten. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Reform des Urhebervertragsrecht von 2002 und diesen Weg sollten wir auch im Online-Bereich weiter beschreiten.

Als eine Möglichkeit Kreative an der Online-Verwertung ihrer Rechte zu beteiligen wird national und international tatsächlich über die Einführung einer „Kulturflatrate“ diskutiert, also einer pauschalen Vergütung für etwa einen Internetanschluss für das Vervielfältigen und öffentliche Online-Zugänglichmachen urheberrechtlich geschützter Inhalte für nicht kommerzielle private Zwecke.

Jedoch ist eine solche Flatrate derzeit europarechtlich nicht zulässig und erfordert womöglich auch die Änderung internationaler Verträge. Außerdem müssen wir überdenken, ob wir mit der Kulturflatrate einer kommerziellen Verwertung von urheberrechtlich geschützten Inhalten in legalen Download-Plattformen den Boden entziehen und welche Auswirkungen eine solche Regelung auf die kommerzielle Verwertung von Content im Offline-Bereich hätte. Davon abgesehen gibt es noch eine Vielzahl weiterer Fragen zu stellen und zu beantworten - auch diejenige nach der Höhe einer Kulturflatrate - bevor diese Idee auch nur annähernd umsetzungsreif ist.

Deswegen können wir eine Kulturflatrate nicht ausschließlich national diskutieren, sondern müssen uns auf europäischer und internationaler Ebene damit auseinandersetzen. Dabei bin ich keinesfalls auf den Status quo festgelegt. Das Urheberrecht war schon immer eine Antwort auf den technischen Fortschritt und die damit einhergehenden Verwertungsmöglichkeiten. Mit den drei großen Reformvorhaben in den letzten Jahren haben wir das Urheberrecht bereits an das digitale Zeitalter angepasst und das werden wir auch weiterhin tun.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries