Frage an Brigitte Zypries von Thomas S. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Zypries!
Ich bemerke im Internet eine Zunahme m.E. sehr agressiver unlauterer Werbemethoden, welche besonders junge Nutzer unter Vorspielung falscher Vorwände zur rechtsgültigen Abnahme von kostenpflichtigen Angeboten im Internet oder Mobilfunk bewegen wollen:
Unverlangt öffnet sich so z.B. während der Nutzung des Internets eine Seite, in der zur spontanen Nutzung eines Spieles, Quiz oder einer sonstigen Betätigung mit eher spielerischen Charakter animiert wird.
(Die Links dazu gehen Ihnen aus wettbewerbschutzrechtlichen
Grund gesondert zu)
Die Anrede in der 2. Person Singular sowie ein jugendlicher Sprachduktus lassen eine jugendliche Zielgruppe vermuten.
Deren Nutzer werden zu einem flotten spontanen Hadeln animiert, das auf eine Seite führt, wo zur Eingabe der Mobilfunknummer aufgefordert wird.
Dies ist ein Schritt zu der verbindlichen Bestellung eines kostenpflichtigen Angebotes, das in keinem sinnvollen Zusammenhang zu dem vorhergehenden Spiel oder Quiz steht.
Nur im nicht direkt sichtbaren Bereich dieser Seite klärt der Betreiber in schlechter Darstellung über die Verpflichtungen der so "geworbenen" Kunden auf:
Zitat:
"Ich bestätige, dass ich einen Abonnement-Service von Handy Klingeltone SMS´s IQ-tipps abonniere indem ich meine Handynummer und die mir von Ihnen von dieser Webseite zugesandte PIN-Nummer eingebe und auf "Absenden" klicke, woraufhin ich drei mal pro Woche IQ-tipps erhalte.
(...) Ich verstehe, dass mir für die Dienstleistung eine Gebühr in Höhe von EUR 4.99 wöchentlich (...) berechnet wird. "
Frage 1:
Wie werten Sie das oben beschriebene Vorgehen?
Frage 2:
Geht dieses mit der bestehenden Gesetzteslage konform?
Frage 3:
Sollte Ihre Antwort auf Frage 2 "Ja" lauten
oder ein klares "Nein" nicht ausschliessen können:
Wären Sie bereit die bestehende Gesetzeslage zu ändern?
Frage 4:
Sollte Ihre Antwort auf Frage 2 "Nein" lauten:
Wieso ist ein derart agressives Werben
scheinbar ohne Widerspruch möglich?
Mit freundlichen Grüssen, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
das von Ihnen beschriebene Vorgehen ist, vor allem soweit es sich an Kinder und Jugendliche richtet, natürlich bedenklich. Oft aber kann es nicht zu rechtswirksamen Vertragsschlüssen kommen, weil die Rechtsordnung bereits vorgesorgt hat. Ein Kind unter sieben Jahren kann wirksam keinen Vertrag schließen. Ein Minderjähriger im Alter zwischen sieben und achtzehn Jahren ist in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. Er kann ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters einen Vertrag mit dem von Ihnen geschilderten Inhalt ebenfalls nicht wirksam schließen.
Unabhängig davon sind Verbraucherinnen und Verbraucher bei telefonisch oder über das Internet geschlossenen Verträgen durch die Vorschriften über Fernabsatzverträge geschützt. Danach treffen den Unternehmer grundsätzlich bestimmte Informationspflichten. Darüber hinaus steht dem Verbraucher in der Regel ein Widerrufsrecht von 14 Tagen zu.
Um trotz dieser Regelungen weiterhin vorhandenen unseriösen Geschäftspraktiken Einhalt zu gebieten, hat der Deutsche Bundestag am 26. März 2009 das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen verabschiedet. Zu den Einzelheiten möchte ich Sie auf die Homepage des Bundesministeriums der Justiz verweisen: www.bmj.bund.de Themen/Verbraucherschutz/unerwünschte Telefonwerbung.
Darüber hinaus bemüht sich die Bundesregierung unter Federführung meines Hauses, in den Verhandlungen zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine "Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher" eine Regelung zum Schutz der Verbraucher vor Kostenfallen im Internet einzuführen. Danach soll der Gewerbetreibende verpflichtet werden, den Verbraucher vor einem Vertragsschluss auf die Zahlungspflicht hinzuweisen und seinen Internetauftritt so zu gestalten, dass eine verbindliche Bestellung erst möglich ist, nachdem der Verbraucher bestätigt hat, den erforderlichen Hinweis zur Kenntnis genommen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries