Frage an Brigitte Zypries von Norbert R. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
es freut micht sehr, daß Sie so eifrig die Anliegen beantworten.
Deshalb wende ich mich auch mit meinen Problemen an Sie.
Es geht mir um Ungerechtigkeiten im Scheidungsrecht.
Warum muß der Vater alleine für den Barunterhalt für die Kinder aufkommen und wird wie ein lediger (kinderloser) besteuert?
Meine Ex-Frau und ich sind im öffentlichen Dienst. Sie bekommt alle kindbezogenen Vorteile alleine (z. B. Familienzuschlag, Kindergeld, Riesterrente, Freibeträge bei Zuzahlung in der Krankenversicherung,
Alleinerziehenden-Steuerfreibetrag und vieles andere mehr) und diese werden nicht mit einem Cent auf den Unterhalt für die Kinder angerechnet (bei kleinem und mittleren Einkommen). Warum?
Haben Sie schon einmal nachgerechnet, was einem 3-fachen Vater, der schwerbehindert und deshalb nicht mehr arbeitsfähig ist, im Verhältnis zu den Kinden zum Leben bleibt? Jedes der Kinder (bzw, das bekommt ja die Mutter) hat mehr zum Leben, weil die Kinder keine Versicherungen und Miete zahlen brauchen (wohnen kostenlos im Haus des Vaters). Finden Sie das gerecht?
Und warum wird bei der Beamtenpension (bzw. Frührente) der aktuelle
Monatsbetrag im Versorgungsausgleich berücksichtigt, Dieser ist natürlich viel höher als bei einer Altersrente (-pension). Die Ex-Gattin kann noch viel höhere Ansprüche selbst erwerben, der Frührentner (-pensionist) nicht. Sie erhält also eine viel höhere Altersrente, und die nur durch den ungerechten Versorgungsausgleich. Finden Sie das gerecht?
Warum werden Zusatzversorgungen im Öffentlichen Dienst nur mit einem Bruchteil ihres Wertes im Versorgungsausgleich berücksichtigt.
Meine Ex-Gattin hat einen Anspruch von ca. 160 Euro aus der Ehezeit, aber es werden nur ca 45 Euro im Versorgungsausgleich angerechnet. Finden Sie das gerecht?
Finden Sie gerecht, daß beim Sorgerecht die Mutter einfach behaupten kann, sie könnte mit dem Vater nicht reden und deshalb das alleinige Sorgerecht bekommt?
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Roth
Sehr geehrter Herr Roth,
Kinder können in aller Regel nicht für sich selbst sorgen. Dies betrifft sowohl die Möglichkeit, Einkünfte zu erzielen, als auch die eigentliche Versorgung. Der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes beinhaltet deshalb nicht nur Geldmittel, sondern auch seine Pflege und Erziehung. Diese Leistungen erbringt der mit dem Kind zusammenlebende Elternteil. Weil dieser Betreuungsunterhalt dem Barunterhalt gleichwertig ist, muss sich der betreuende Elternteil in der Regel nicht am Barunterhalt beteiligen, auch wenn er über eigene Einkünfte verfügt. Auf diese Weise sind die Unterhaltslasten auf beide Elternteile angemessen verteilt.
Entgegen Ihrer Annahme kommt dem Barunterhaltspflichtigen ein Teil des Kindergeldes sehr wohl zu Gute. In der Regel wird das hälftige Kindergeld auf den Unterhaltsbedarf des Kindes angerechnet, so dass der Barunterhaltspflichtige weniger Unterhalt aufbringen muss. Unabhängig davon stellt das Unterhaltsrecht sicher, dass der zahlungspflichtige Elternteil nicht finanziell überfordert wird, da ihm stets ein Teil seines Einkommens zur eigenen Verwendung verbleibt. Nur am Rande sei erwähnt, dass dem Barunterhaltspflichtigen weiterhin der im Einkommensteuergesetz verankerte Kinderfreibetrag zusteht, sofern er seiner Unterhaltsverpflichtung nachkommt.
Beim Versorgungsausgleich werden die von den Eheleuten erworbenen Anrechte ausgeglichen. Bezieht ein Ehegatte bereits eine Versorgung, z.B. eine Pension wegen Dienstunfähigkeit, so wird deren tatsächlicher Wert berücksichtigt. Die Pension wird in voller Höhe nur angesetzt, wenn die gesamte Versorgung in der Ehezeit erworben wurde. Ist einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung dienstunfähig, ist sein Ehezeitanteil oftmals höher als wenn er noch nicht im Ruhestand wäre. Hat in einem solchen Fall der andere Ehegatte noch eine längere Berufstätigkeit vor sich, kann der Versorgungsausgleich aus Billigkeitsgründen beschränkt oder ausgeschlossen werden. Diese Prüfung kann aber nur vom Gericht im Einzelfall unter Würdigung aller wirtschaftlichen und persönlichen Gesamtumstände der Eheleute durchgeführt werden.
Zusatzversorgungen aus dem öffentlichen Dienst werden nach bisherigem Recht mit der so genannten Barwert-Verordnung umgerechnet, weil bisher im Versorgungsausgleich alle Anrechte der Eheleute miteinander verrechnet werden müssen. Sie sollen so vergleichbar in Wert und Wertentwicklung gemacht werden. Tatsächlich treffen die hierfür erforderlichen Annahmen nicht immer zu; es kommt dann zu ungerechten Teilungsergebnissen. Das war ein wesentlicher Grund für mich, den Versorgungsausgleich zu reformieren. Zukünftig werden daher auch Anrechte aus den Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes unmittelbar zwischen beiden Ehegatten aufgeteilt, ohne dass es einer Umrechnung bedürfte. Auch nach Inkrafttreten der Reform zum 1. September 2009 können aber Wertverschiebungen des bisherigen Ausgleichssystems auf Antrag nachträglich korrigiert werden.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich gerichtliche Entscheidungen grundsätzlich nicht kommentiere.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries