Frage an Brigitte Zypries von Thomas K. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
das Landgericht Hamburg hat in seinem Urteil vom 12.11.08 (Az.: 308 O 548/08) Stellung zur Unwirksamkeit von DNS-Sperren bezogen [1]. Dort heißt es u.a.:
"Die Eignung einer „DNS-Sperre“ zur Verhinderung des Zugriffs auf einen Internetauftritt ist aufgrund von Umgehungsmöglichkeiten, etwa durch Eintragung eines anderen Nameservers, nur beschränkt (vgl. LG Kiel, MMR 2008, 123, 124; Gehrke, MMR 2008, 291). Ohne Erfolg verweisen die Antragstellerinnen darauf, dass die Mehrzahl der durchschnittlichen Internetnutzer durch eine DNS-Sperre davon abgehalten würden, einen anderen Weg zu dem gesperrten Internetauftritt zu suchen. Dem Gericht ist es in wenigen Minuten gelungen, eine Internetseite mit einer Anleitung zur Umgehung mit den verfügbaren Name-Servern zu finden. Den Nutzern (...) wird das im Zweifel noch schneller gelingen".
Das Gericht vertritt ferner die Auffassung, bei der Frage nach der Zumutbarkeit sei die Eignung der in Betracht kommenden Maßnahme zu berücksichtigen, "hier die der geforderten „DNS-Sperre“. Denn je geringer die Eignung ist, umso weniger wird (...) die Einrichtung einer solchen Sperre verlangt werden können."
1. Wie bewerten Sie die Feststellung der Unwirksamkeit von DNS-Sperren zur Verhinderung von Zugriffen auf Internetauftritte durch das LG Hamburg im Hinblick auf die derzeit von der Bundesregierung geplanten DNS-Sperren?
2. Sind die geplanten DNS-Sperren noch zumutbar, wenn sie offensichtlich unwirksam und ungeeignet sind?
3. Durch wiederholte Zugriffsversuche auf gesperrte Seiten soll ein Internetnutzer zum Ziel von Strafverfolgung werden können. Zugriffe auf gesperrte Seiten können jedoch auch unabsichtlich und unbemerkt erfolgen, z.B. durch Schadsoftware, Links aus Spam-Emails oder Weiterleitungen. Ist es noch verhältnismäßig, Internetnutzer diesem Risiko auszusetzen, wenn DNS-Sperren für den eigentlichen Zweck ungeeignet sind?
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Kuhnke
Quelle:
[1] http://openjur.de/u/30638-308_o_548-08.html
Sehr geehrter Herr Kuhnke,
zur Frage der Wirksamkeit von sogenannten DNS-Sperren liegen nach den Erkenntnissen der Bundesregierung auch andere als die von Ihnen dargestellten Erfahrungen vor. Insbesondere aus den skandinavischen Ländern wurde gegenüber dem BKA von Erfolgen beim Einsatz dieses Verfahrens berichtet. Ohnehin ist der von Ihnen geschilderte Fall, in dem ein Unternehmen gerichtlich zum Einsatz einer solchen Maßnahme verpflichtet werden sollte, von dem Regelungsgegenstand des Gesetzentwurfs zu unterscheiden. Es ist nicht vergleichbar, ob jemand einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen einen anderen auf Ergreifung einer solchen Maßnahme hat, oder ob die Maßnahme als ein Baustein von vielen bei der Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet gesetzlich angeordnet wird. Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, dass das LG Hamburg die Frage der Zumutbarkeit einer solchen Verpflichtung nicht allein aufgrund der beschränkten Eignung verneint hat.
Ich vermag daher nicht zu erkennen, dass diese Maßnahmen "offensichtlich unwirksam und ungeeignet sind". Allgemein und unabhängig davon lässt sich aber die Intention Ihrer Frage natürlich nur bestätigen, dass Maßnahmen, die "offensichtlich unwirksam und ungeeignet sind", nicht verhältnismäßig sind.
Einem Risiko setzen sich Internetnutzer immer aus, wenn sie einfach irgendwelche Seiten aufrufen, von denen aus "Zugriffe auf gesperrte Seiten ... unabsichtlich und unbemerkt erfolgen, z. B. durch Schadsoftware, Links aus Spam-E-Mails oder Weiterleitungen". Das ist aber nicht Folge des geplanten Gesetzes. Glauben Sie mir, ich bin viel im Internet unterwegs, aber mir ist so etwas noch nicht passiert. Denn auch im Internet sollte die normale Vorsicht gelten. Und die sagt mir unter anderem, dass Links aus Spam-E-Mails nicht aufgerufen werden sollten, und sei es nur zum Schutz vor Viren und dergleichen.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries