Frage an Brigitte Zypries von Andrea H. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
in Ihrer Antwort an Herrn Baleanu vom 12.03.09 behaupten Sie das das deutsche Recht vorhersehbar, verlässlich und die deutsche Justiz effizient und kostengünstig ist.
Ich bezweifel dies und möchte es mit einem Beispiel untermauern:
Ein Bekannter wartet seit nunmehr dreieinhalb Jahren auf seine Scheidung. In den bisher zwei stattgefundenen Terminen beim Amtsgericht Dortmund wurden ohne jedwede vorherige Ankündigung plötzlich noch Anträge der Gegenseite gestellt, die jedesmal dazu führten das nicht geschieden wurde!
Es wurde beiden Seiten die Möglichkeit der Stellungnahme gegeben. Ohne Frage ein korrektes Vorgehen.
Allerdings gibt die Gegenseite nie eine fristgerechte Stellungnahme ab und läßt sich Fristen verlängern, von dem der Bekannte nicht mal unterrichtet wird!
Vorläufiger Höhepunkt: Nachdem der Bekannte nun mehrmals das Gericht aufgefordert hat endlich zu urteilen und die Scheidung auszusprechen, sogar mit Fristsetzung und Geltendmachung von Regressansprüchen, ließ das Amtsgericht Dortmund, Richter J. schriftlich mitteilen, er würde nach Ostern terminieren!
Bis zum heutigen Tage liegt immer noch kein Termin seitens des Amtsgerichtes vor! Von einer Stellungnahme der Gegenseite ganz zu schweigen!
Das ist die Realität in Deutschland und hat nichts mit Ihrer vielgeprießenen Effizienz und Vorhersehbarkeit zu tun.
Und nun meine Frage an Sie: Wie kann sich ein Bürger gegen eine derartige Willkür eines Gerichtes wehren? Was kann er tun, damit sein Rechtsanliegen in angemessener Zeit bearbeitet wird? Wie ist es möglich in Deutschland, dass die Gegenseite eine Fristverlängerung bekommt und der Antragsteller darüber nicht mal informiert wird?
In Erwartung Ihrer hilfreichen Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
A. Hövekamp
Sehr geehrte Frau Hövekamp,
ich halte - gestützt auf Verfahrensstatistiken - daran fest: Die Justiz in Deutschland arbeitet in der überwiegenden Zahl der Fälle zügig.
Aber leider gibt es auch Ausnahmen und ihr Bekannter gehört offenbar dazu. Der Rechtsanwalt ihres Bekannten weiß, wie man sich wehren kann.
Darüber hinaus wird derzeit im Bundesministerium der Justiz eine gesetzliche Lösung zur Verbesserung der rechtlichen Situation von Betroffenen in Fällen überlanger Gerichtsverfahren geprüft. Eine Lösung, die zum einen die Stellung des Bürgers bei einer überlangen Verfahrensdauer stärkt, zum anderen aber auch der Unabhängigkeit der Gerichte Rechnung trägt, ist schwer zu finden. Es wird erwogen, einen gesetzlichen Anspruch auf Ausgleich der materiellen und immateriellen Nachteile zu schaffen, die ein Betroffener infolge der Überlänge eines gerichtlichen Verfahrens erleidet. Diese Überlegungen werden aber erst in der nächsten Legislatur Gesetz werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries