Frage an Brigitte Zypries von Janet K. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Zypries,
ist es richtig, dass der Unterhaltsbedarf, der wegen Betreuung eines Kindes geschuldet wird, nach dem Halbteilungssatz aus den Einkommen des Unterhaltspflichtigen und des Unterhaltsbedürftigen berechnet wird und nicht etwa aus der Höhe des Einkommens, welches der Unterhaltsbedürftige mit einer Vollzeittätigkeit erzielen könnte?
Ein fiktives Beispiel:
- anrechnbares Einkommen Unterhaltsbedürftiger: 800 € (bei 80 % Erwerbstätigkeit)
- anrechnbares Einkommen Unterhaltspflichtiger: 1500 €
Der Betreuungsunterhalt würde also aus der Differenz der Einkommen zu 300 € berechnet werden, auch wenn der Unterhaltsberechtigte mit einer Vollzeittätigkeit maximal 200 € mehr verdienen könnte?
Mit freundlichen Grüßen,
J.Kenklies
Sehr geehrte Frau Kenklies,
geschiedene Ehegatten können in der Tat grundsätzlich Unterhalt in Höhe der Hälfte des gemeinsamen Einkommens beanspruchen. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass der während der Ehe erreichte Lebensstandard als das Ergebnis gemeinsamer Arbeit anzusehen ist, an dem beide Ehegatten gleichermaßen teilhaben. Das Gesetz sieht deshalb die ehelichen Lebensverhältnisse als zentralen Maßstab für die Höhe des Ehegattenunterhalts an. Hieraus hat sich in der Rechtsprechung der von Ihnen angesprochene sogenannte Halbteilungsgrundsatz entwickelt. Ist der Unterhaltspflichtige berufstätig, wird ihm aber in der Regel ein Erwerbstätigenbonus in Höhe von 1/7 (in manchen OLG-Bezirken 1/10) seines Erwerbseinkommens zugestanden. Dadurch ergibt sich letztlich häufig eine Quotelung von 4/7 (Unterhaltspflichtiger) zu 3/7 (Unterhaltsberechtigter).
Rein dogmatisch gesehen handelt es sich im Übrigen in dem von Ihnen dargestellten Beispielsfall um eine Mischung aus Betreuungs- und Aufstockungsunterhalt (vgl. hierzu auch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.03.2009, AZ: XII ZR 74/08, Rz. 43, einsehbar unter
http://www.bundesgerichtshof.de ).
Steht einem nicht verheirateten Elternteil Betreuungsunterhalt zu, orientiert sich die Unterhaltshöhe hingegen in der Regel an seiner bisherigen Lebensstellung. War der betreuende Elternteil bis zur Geburt des Kindes erwerbstätig, kommt dem vor der Geburt erzielten Einkommen maßgebliche Bedeutung zu. Der Unterhaltsanspruch darf aber nicht höher sein, als er im Fall der Heirat der Beteiligten gewesen wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries