Frage an Brigitte Zypries von Steffen P. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
mit der Etablierung der erforderlichen technischen Infrastruktur zur Überwachung des Internets frage ich Sie, ob es nicht als Strafvereitelung anzusehen ist, wenn andere Staftaten außer dem Zugriff auf Kinderpornografie nicht verfolgt werden.
Da die Überwachung am Nameserver der Zugangsanbieter erfolgt und an dieser Stelle sowohl die IP des Anfragenden als auch die nachgefragte Webseite als Information vorliegt, stellt sich doch die Frage, warum diese Informationen an dieser Stelle nicht ebenfalls auf Vorrat gespeichert werden.
Die Informationen am Nameserver entsprechen in der Eingriffstiefe lediglich denen der Vorratsdatenspeicherung am Telefon: Wer ruft wen an, oder versucht es. Zwar ist mit der Rückgabe der zutreffenden IP, ohne daß eine Umleitung auf eine Stoppseite erfolgt, der Straftatbestand noch nicht erfüllt, jedoch ist es aus technischer Sicht mehr als wahrscheinlich, daß der DNS- Abfrage unmittelbar der Aufruf der entsprechenden Webseite erfolgt, weil diese Abfolge im Internetbrwoser fest einprogrammiert ist und mithin automatisch erfolgt. Zumindest würde die Abfrage des Nameservers nach strafbaren Webseiten einen hinreichenden Anfangsverdacht darstellen, der entsprechende Ermittlungen rechtfertigen und nach sich ziehen müßte. Vergleichbar damit, daß sich jemand bei der Telefonauskunft nach einem Auftragsmörder erkundigt.
Für die Zugangsanbieter ist es ein Leichtes, diesen Datenverkehr am Nameserver zu protokollieren. Und da sie es nun sowiso tun, sobald die IPs bestimmter Seiten angefragt werden, spricht doch nichts dagegen, auch die Anfrage nach anderen (strafbaren) Inhalten zu protokollieren und strafrechtlich zu verfolgen.
Also, warum dann solche halben Sachen?
Auch Urheberrechtsverstöße, das Lesen von Bombenbauanleitungen oder das Herunterladen von in Deutschland verbotener Software (Kopierschutzumgehung) sind strafbewehrte Entgleisungen im Internet und gehören geahndet.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Priskalla
Sehr geehrter Herr Priskalla,
bei Ihren Fragen gehen Sie von unzutreffenden Voraussetzungen aus.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen sieht keine staatliche Überwachung von oder Speicherung der am Nameserver der Zugangsanbieter anfallenden Daten vor. Daher stellt sich auch die Frage nach der Strafvereitelung anderer Taten als § 184b des Strafgesetzbuchs (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) nicht. Vielmehr können die Strafverfolgungsbehörden nach Maßgabe des geltenden § 100g der Strafprozessordnung Verkehrsdaten bei den Zugangsanbietern nur dann erheben, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine Straftat von erheblicher Bedeutung oder eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat, und ein Gericht im Einzelfall die Erhebung der Verkehrsdaten zur Aufklärung der Straftat anordnet.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries