Frage an Brigitte Lösch von Silvia K. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Lösch,
im Stuttgarter Amtsblatt, Nr.27 bin ich über eine Aussage gestolpert, die mich stutzig gemacht hat. Hier steht im Zusammenhang des geplanten Mailänder Platzes und seiner bunt gemischten Vielfalt, der geplante Mix aus sog. Ankermieten und 200 Shops. ..."Ein größeres Möbelhaus, wie von den Grünen vorgeschlagen, könne er ( Jens Jäpel, Projektentwickler von ECE) sich in diesem anspruchsvollen Quartier nicht vorstellen. Zudem müsste es dann noch erheblich mehr Parkplätze (als die geplanten 2.200) geben."
Nach meinem Wissensstand haben sich die GRÜNEN grundsätzlich gegen Stuttgart 21 und somit konsequenterweise auch gegen den Mailänder Platz ausgesprochen ?!
Wie kommt es dann zu inhaltlichen "Befüllungsvorschlägen" dieses Quartiers ?
Mit freundlichem Gruß
S.Kern
Sehr geehrte Frau Silvia Kern
Vielen Dank für Ihre Anfrage an mich über den "abgeordnetenwatch" bezüglich Mailänder Platz und Thema Stuttgart 21.
Der Mailänder Platz liegt auf dem sogenannten Areal A1, auch Europaviertel genannt. Es handelt sich dabei um das Bebauungsgebiet nördlich des Gleisvorfeldes des Stuttgarter Hauptbahnhofs, das Gebiet zwischen Heilbronnerstraße, Wolframstraße und Gleisvorfeld also. Auf diesem Areal stehen heute schon einige Gebäude verschiedener Bankinstitute, im wesentlichen die großen Blöcke der LBBW-Zentrale. Auf diesem Gebiet wird außerdem zur Zeit die neue Stuttgarter Bibliothek des 21. Jahrhunderts gebaut. Die Baufelder auf dieser Fläche können schon heute bebaut werden, also unabhängig von Stuttgart 21. Sie würden auch bebaut werden, wenn die Alternative zu Stuttgart 21, das Konzept Kopfbahnhof 21 des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 umgesetzt würde oder wenn sich in Bezug auf den Bahnknoten Stuttgart gar nichts verändern würde.
Die inhaltlichen "Befüllungsvorschläge" der Grünen im Gemeinderat zu diesem Quartier haben also nichts mit Stuttgart 21 und dem Kampf gegen dieses Projekt zu tun. Für alle Baufelder auf diesem Areal hat noch der alte Gemeinderat mit der bürgerlichen Mehrheit rechtsgültige Bebauungspläne verabschiedet, die sich überwiegend sehr problematisch für eine urbane städtebauliche Entwicklung des Viertels darstellen, da sie damals primär das Ziel der Erlösmaximierung des damaligen Grundstückseigentümers Bahn AG bedienten, weniger die Stadtentwicklungsziele der Stadt Stuttgart.
Hieran lässt sich aktuell aber nichts ändern, da für die jeweiligen Investoren und Grundstückseigentümer Bestandsschutz gilt, Änderungen bestehender Bebauungspläne dementsprechend mit erheblichen Entschädigungszahlungen der Stadt an die Eigentümer verbunden wären.
Vor diesem Hintergrund kämpfen die Stuttgarter Grünen aktuell darum, dass die entsprechenden Investorenprojekte nicht die trostlose Büro- und Bankenwüste der bestehenden Bebauung fortsetzen (LBBW), sondern eine möglichst urbane, stadtverträgliche und nachhaltige Qualität bekommen (weniger motorisierter Individualverkehr, möglichst wenig Parkplätze, keine überdimensionierten Shopping-Center, mehr Wohnen, weniger Büros, energetisches und nachhaltiges Bauen usw.).
Dies erweist sich allerdings angesichts des bestehenden Baurechts (gültige Bebauungspläne) als sehr schwierig, da es kaum politische "Hebel" gibt, grüne Ziele gegen die Interessen der Investoren durchzusetzen.
Parallel dazu wird der Kampf gegen Stuttgart 21 selbstverständlich fortgesetzt.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Lösch, MdL