Frage an Brigitte Hofmeyer von Monika F. bezüglich Soziale Sicherung
Frau Hofmeyer, guten Tag!
Mich interessiert, wie Sie die bekannt gewordene Anweisung des CDU Sozialministers beurteilen, dass das Versorgungsamt Kassel, den Eltern Gutscheine für Babynahrung mit der Antragsbearbeitung mitschicken soll? Das bedeutet doch, dass die Landesbediensteten durch ihre Arbeit kostenlose Werbung für einen einzigen ganz bestimmten Nahrungsmittelkonzern auf Kosten der Steuerzahlerinnen/Steuerzahler machen, oder? Und wo, Frau Hofmeyer, ist Ihrer Meinung nach dazu der Unterschied zu der kostenlose Arbeit einiger Kreisbediensteten der Landkreisverwaltung Kassel für den "tegut"- Lebensmittelkonzern? Ist das nicht auch Arbeit auf Kosten der steuerzahlenden Bevölkerung? Und, wie können die Bediensteten den zusätzlichen Arbeitsaufwand eigentlich verkraften? Für mich haben beide Aktionen ein "Geschmäckle". Wie sehen Sie das? Und, würden Sie beides zukünftig verhindern?
Freundlicher Gruß Monika Frank
Guten Tag Frau Frank,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Wegen meines Urlaubs komme ich leider erst heute dazu, Ihnen zu antworten. Ich bitte um Verständnis.
Zum ersten Teil Ihrer umfangreichen Frage: Nach meinem Informationsstand lag dem von Ihnen erwähnten Schreiben des Versorgungsamts kein Gutschein für Babynahrung bei. Vielmehr handelte es sich um eine Werbebeilage, in der den Eltern angeboten wurde, ein kostenloses Neugeborenenpaket abzurufen. Erst wenn das Neugeborenenpaket (Trinkflasche, Pflegeöl, Waschgel etc.) beantragt wird, erfolgt nach ausdrücklichem Hinweis eine Weitergabe persönlicher Daten an den Werbenden.
Dass sich Bund, Land und Kommunen in Zeiten knapper Kassen für bestimmte Aktionen Förderer aus der Wirtschaft suchen, ist nicht unbedingt zu kritisieren. Wichtig ist, dass dabei sehr sorgfältig auf den Datenschutz geachtet wird und dass ohne Nachteile für Bürgerinnen und Bürger eine finanzielle Entlastung erreicht wird. Dass in dem o.g. Fall Landesbedienstete von Hand Werbematerial in die Bescheide eingelegt haben, halte ich in Zeiten moderner Mailing-Dienstleistungen für sehr unwahrscheinlich.
Was den zweiten Teil Ihrer Frage betrifft: Nach meinem Kenntnisstand haben zu keinem Zeitpunkt Kreismitarbeiter kostenlos für die Supermarktkette ‚tegut‘ gearbeitet. Der Landkreis Kassel ist Partner in einem europäischen Projekt zur Inklusion von Menschen mit psy-chischen Behinderungen beim Einkauf im Supermarkt. Für die Realisierung des Projekts erhält der Landkreis wie jeder anderer Partner im Projekt Mittel der Europäischen Kommission und muss gleichzeitig Eigenmittel für das Projekt nachweisen. Die Eigenmittel weisen Kommunen in ganz Deutschland (und auch das Land Hessen bei der Nutzung von EU-Mitteln) durch den Einsatz von Personal nach. Die Kreismitarbeiter haben sich im Rahmen des Projekts um den Kontakt zu Trägern von Behinderteneinrichtungen in unserer Region (wie z.B. der Baunataler Diakonie Kassel), zu Selbsthilfegruppen bzw. Vereinen, die sich um Menschen mit Behinderungen kümmern (wie z.B. die Lebenshilfe) und zu Verwaltungen, die für Menschen mit Behinderungen zuständig sind (wie z.B. der Landeswohlfahrtsverband Hessen) bemüht. Außerdem wurde die Pressearbeit für das Projekt übernommen. Die Kreismitarbeiter haben also von der EU-finanziert Aufgaben in einem EU-Projekt übernommen, das sich mit der Pflichtaufgabe „Förderung der Inklusion“ des Landkreises beschäftigt. Die Mitarbeiter haben dies zusätzlich zu ihrer sonstigen Tätigkeit übernommen, weil sie vom Projekt überzeugt waren und sind. Angefallene Überstunden sind in der Regel verfallen.
Die Berichterstattung der HNA, auf die Sie sich wahrscheinlich beziehen, ist leider in weiten Teilen falsch. In Wahrheit besteht hier kein „Geschmäckle“, sondern der Landkreis kümmert sich um eine Pflichtaufgabe und nutzt dabei EU-Mittel. Deswegen gibt es auch keinen Grund, die Teilnahme an EU-Projekten zu verhindern. Falls Sie sich objektiv über das Projekt informieren möchten, empfehle ich Ihnen die Internetseite http://www.supermanproject.eu , die Sie sich auch in deutscher Sprache anzeigen lassen können.
Freundliche Grüße aus Hofgeismar
Brigitte Hofmeyer