Frage an Brigitte Freihold von Hubert Z. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Freihold,
die DSO "..sorgt dafür, dass alle notwendigen medizinischen und organisatorischen Schritte vollzogen werden, damit Organe entnommen,.. werden können." https://www.dso.de/.
Wie kann es bei der Bedeutungsschwere dieser Aufgabe sein, daß eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts (DSO) tätig ist und nicht der Staat selbst?
Die DSO hat in einem Instanzenprozess (LG, OLG, BGH) eine Tageszeitung und eine Journalistin auf Unterlassung der Veröffentlichung eines Artikels über eine Organentnahme verklagt https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=12.04.2016&Aktenzeichen=VI%20ZR%20505%2F14 .
Auszug aus den beanstandeten Textpassagen:
"(...) Die Herausnahme der Organe (...) sollte beginnen. Der junge Kollege, der die hierfür nötigen Formalitäten überprüfen musste, war damals noch nicht lange Mitarbeiter der Deutschen Stiftung Organtransplantation (...). Aber das kleine Einmaleins der Hirntoddiagnostik (...) kannte er. Er wurde stutzig. Es fehlte nicht bloß irgendeine Unterschrift. Es fehlte das komplette zweite ärztliche Protokoll, jenes Dokument also, das hätte bestätigen müssen, dass bei dem Mann (...) der zweifelsfreie, vollständige und unwiederbringliche Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen nicht bloß ein einziges Mal diagnostiziert worden war. Sondern dass der Hirntod nach einem gewissen zeitlichen Abstand erneut und von einem zweiten Mediziner nachgewiesen worden war, ...Wie weit [K.s] Macht reicht, macht der weitere Verlauf des Düsseldorfer Hirntod-Dramas deutlich: Eine Mitarbeiterin aus dem nordrheinwestfälischen DSO-Team, die sich für eine Klärung des Falls starkgemacht hatte, bekam die fristlose Kündigung zugestellt - per Bote um Mitternacht..."
Der Mann wurde explantiert.
Der BGH hat die Klage abgewiesen. https://openjur.de/u/889287.html
Besteht eine zwingende Notwendigkeit, dass System "Organspende" gänzlich neu aufzusetzen und ein Moratorium bei der Organentnahme bis zu dessen Neustart zu erlassen?
Sehr geehrter Herr Z.,
vielen Dank für Ihre Frage. Ihre Kritik kann ich nachvollziehen. Transparenz, Vertrauen und eine sensible Begleitung bei der Organentnahme sind wichtige Aspekte, die einen sehr großen Einfluss auf die Spendenbereitschaft haben. Ob eine Stiftung mit einem zentralen Einfluss der Bundesärztekammer als privatrechtlicher Verein - in dem Fall also die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) - die dazu notwendigen Voraussetzungen herzustellen vermag, dahinter darf man mit Blick auf die vergangenen Jahre tatsächlich ein Fragezeichen setzen. Ich denke an die Skandale, die in den Jahren 2010, 2011 und 2012 in der Diskussion waren. Schon 2012 haben wir in einem Antrag gefordert, diese Aufgaben einer staatlichen Instanz unter strenger Fachaufsicht zu übertragen (siehe dazu: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/097/1709778.pdf ). Dies haben wir auch in der aktuellen Diskussion rund um die Organspende eingebracht bzw. werden diesen Aspekt auch im weiteren Verlauf einbringen. Es hat allerdings auch nach den besagten Skandalen entsprechende Gegenmaßnahmen gegeben. Die DSO wird mittlerweile deutlich besser kontrolliert und beaufsichtigt. Wir haben allerdings vor den Gerichten durchaus erlebt, dass sich Skandale wie z.B. in Göttingen in Luft aufgelöst haben. Das Ganze hängt natürlich noch deutlich nach, weshalb ich auch Ihre Anmerkungen nachvollziehen kann.
Dazu möchte ich noch anmerken, dass vor der aktuellen Orientierungsdebatte um eine Widerspruchslösung, solche Regelungen aus meiner Sicht eher zweitrangig sind. Nach meiner festen Überzeugung waren die Strukturen, die Organisation und die Vergütung der eigentliche Flaschenhals bei der Organspende. Als Fraktion DIE LINKE im Bundestag haben wir dem Gesetzesentwurf zum GZSO letztlich zugestimmt, der entsprechende Verbesserungen vorsieht, auch wenn wir den Entwurf an einigen Stellen kritisch sehen.