Frage an Björn Glienke von Marianne M. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Glienke,
wie bewerten Sie die Entscheidung von Fortuna Köln, Fahnen, Banner und Plakate mit antirassistischen Äußerungen beim Spiel Fortuna Köln gegen Alemannia Aachen im Stadion zu verbieten?
Was für Maßnahmen würden Sie gegen die befürchteten Ausschreitungen befürworten?
Mit freundlichen Grüßen
Marianne Mayer
Sehr geehrte Frau Mayer,
vielen Dank für Ihre Frage.
Grundsätzlich kann jeder Verein seine eigenen Regeln festlegen. Diese sind jedoch nicht immer nachvollziehbar, so wie auch in diesem Fall für mich. Mit bestimmten Regelungen oder auch nicht geregelten Dinge, werden aber ebenfalls Aussagen getroffen.
Während sich der DFB (z. B. Julius-Hirsch-Preis, „rote Karten gegen Rassismus“, ...) und viele Vereine („Stand up - Speak up“, Unterstützung von „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“, „Berliner Erklärung“, eigene Banner an Spieltagen, ...) seit Jahren aktiv gegen Fremdenhass, Intoleranz und Rassismus stellen, wurde hier Dinge verboten, die über Jahre vorher kein Problem darstellen. Die wirklichen Gründe, warum Fortuna Köln gerade bei diesem Spiel einknickt, werden sie dort intern wissen. Die Aussage „Fight Racism“ (Rassismus bekämpfen) auf einem Banner halte ich für absolut unproblematisch. Sie ist für mich sogar grundlegend demokratisch, denn sie stellt sich gegen die Einschränkung der Freiheit durch Dritte.
Inwiefern das gezeigte Verhalten mit den Aussagen des regionalen Fußball-Verbands Mittelrhein übereinstimmten, kann ich nicht erkennen: Im Vorfeld wurden Handlungen im Rahmen der Kampagne „Respect“ angekündigt und der Verband engagiert sich bei „Unser Fußball: Kein Platz für Rechtsextremismus“ - dies steht für mich im Widerspruch zu dem Verhalten. Eine ausführliche öffentliche Stellungnahme des Vereins konnte ich dazu leider bisher nicht finden, um das Verhalten im Ansatz nachzuvollziehen.
Was „befürchtete Ausschreitungen“ und reale Gefahrenlagen angeht, habe ich im Laufe der Jahre schon viele nicht nachvollziehbare „Warnungen“ erlebt. Je öfter dabei „Horrorszenarien“ und „Risikospiele“ heraufbeschworen werden, desto unglaubwürdiger werden alle Warnungen durch die ZIS (Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze). Dies trifft dann leider auch die Spiele zu, wo eine reale Gefahr besteht. Hier Sachlichkeit herzustellen und endlich eine wissenschaftliche Analyse der Zahlen einmal einzuführen, ist erst mal Aufgabe des Innenministeriums von NRW und des Bundes. Bisher gibt es keine nachvollziehbare Analyse der Gefahrenlagen, die wenigstens einfachen wissenschaftlichen Ansprüchen entspricht.
Sollte es bei diesem Spiel eine reale Bedrohung gegeben haben, dann wäre die erste und einfachste Möglichkeit, die jeweiligen Gruppen räumlich zu trennen. Sowohl bei der Anreise, als auch im Bereich rund ums Stadion und ebenso im Stadion selbst. Dies funktioniert auch an anderen Orten. Daneben stünde eine klare Stellungnahme gegen Rassismus beiden Vereinen gut zu Gesicht. Der Versuch „unpolitisch“ dazustehen, hat meines Erachtens in diesem Beispiel dennoch zu einer klaren politischen Aussage geführt. Ob diese jetzt genauso beabsichtigt war und auch ob das hilfreich in sportlicher Hinsicht war, würde ich sehr stark anzweifeln.
Auf Ebene der Fans fand ich die Reaktion eines Mainzer Fanclubs sehr interessant.
Björn Glienke