Frage an Birgitt Bender von Alexander C. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Abgeordnete Bender, MdB,
wir sind Mitglieder der Politik AG der RealschuleKorntal und haben uns mit verschiedenen Fragen beschäftigt. Unter anderem ist die Frage aufgekommen, wie sie es zulassen können, dass sie weitere Truppen nach Afghanistan zu schicken, obwohl es klar ist das viele Soldaten durch den Einsatz ihr Leben verlieren könnten und psychischen Problemen ausgesetzt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Politik AG der Realschule Korntal
Liebe Politik-AG der Realschule Korntal,
grundsätzlich befürworte ich den ISAF-Einsatz (International Security Assistance Force) in Afghanistan. Dabei handelt es sich um eine Sicherheits- und Aufbaumission unter NATO-Führung. Nach allem, was mir ExpertInnen aus meiner Fraktion und von Nichtregierungsorganisationen (NGO) über das Land und die Entwicklung in der Region berichten, ist die Fortführung des ISAF-Einsatzes notwendig. Es geht dabei um unsere eigene Sicherheit (Anschlagsgefahr), als auch um die Menschenrechtslage und Stabilität dort. Ziel muss weiterhin sein, diese Aufgaben zunehmend in die Hände der afghanischen Institutionen zu legen. Kritik (nicht nur) der Grünen gibt es an der Unterfinanzierung und mangelnden Koordination der zivilen Arbeit und der hohen Zahl ziviler Opfer. Deshalb fordern wir einen Strategiewechsel von der Bundesregierung, der bislang nicht hinreichend erkennbar ist. Manche meiner grünen KollegInnen haben deshalb bei der letzten Entscheidung über eine Mandatsverlängerung mit "Nein" oder "Enthaltung" gestimmt. Für mich persönlich gilt, dass ich mir von einer kritischen Unterstützung des Einsatzes mehr erwarte als von einer Abkehr von diesem Mandat. Und ich möchte keine Signale senden in Richtung der Taliban, dass diese auf einen baldigen Abzug der NATO-Truppen hoffen könnten und deshalb ihre Gewaltaktionen steigern.
Einig bin ich mir mit meinen grünen KollegInnen im Bundestag, dass der umstrittene OEF Einsatz (Operation Enduring Freedom) beendet werden muss. Die OEF ist im Gegensatz zu ISAF kein UN-mandatierter, sondern ein von den USA auf Grundlage des vom UN-Sicherheitsrat nach den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001 festgestellten Selbstverteidigungsrechts geführter Militäreinsatz, der in erster Linie zur Bekämpfung der terroristischen Strukturen von Al-Qaida und ihrer Unterstützer dienen soll.
Unbestritten ist, dass der Einsatz mit erheblichen körperlichen und seelischen Belastungen für die SoldatInnen und ihre Angehörigen verbunden ist. Die Problematik ist deshalb zu Recht in den Medien aufgegriffen worden. Sicherlich kennen Sie den vor einigen Wochen in der ARD ausgestrahlten Film über einen Afghanistan-Heimkehrer, der vielen ZuschauerInnen die möglichen Auswirkungen für die beteiligten SoldatInnen näher gebracht hat.
Die Zahl der von psychischen Problemen - u. a. sogenannte posttraumatische Belastungsstörungen - betroffenen SoldatInnen hat sich in den letzten Jahren verdreifacht. Im Deutschen Bundestag haben sich deshalb die Mehrzahl der Fraktionen dieser Problematik angenommen und einen interfraktionellen Antrag "Betreuung bei posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) stärken und weiterentwickeln" in den Deutschen Bundestag eingebracht (siehe: http://www.gruene-bundestag.de/cms/default/dokbin/269/269994.interfraktioneller_antrag_posttraumatisc.pdf ). Einigkeit besteht darüber, dass die vorbeugenden Maßnahmen bei Auslandseinsätzen (Einsatzvorbereitung, -begleitung und -nachbereitung) weiter verbessert werden müssen. Dazu gehören der Ausbau psychosozialer Betreuungsangebote sowie die Einrichtung eines Kompetenz- und Forschungszentrums.
Das Beispiel der posttraumatischen Belastungsstörungen zeigt, wie wichtig es ist, die Zustimmung oder Ablehnung von Einsätzen der Bundeswehr in Krisengebieten sorgfältig abzuwägen und zu begründen, was ich bei jeder anstehenden Entscheidung über einen Auslandseinsatz auch weiterhin tun werde.
Mit freundlichen Grüßen
Biggi Bender