Frage an Birgitt Bender von Erich H. bezüglich Gesundheit
Werte Frau Bender,
warum müssen Beamte und Politiker und Politiker nur geringe Beiträge zur Krankenversicherung zahlen, vor allen Dingen im Alter?
Ein Beispiel dafür: Meine Frau ging in Rente und durfte als angestellte Lehrerin über 600€ im Monat bezahlen. Eingeschlossen war eine 10%-tige Selbstbeteiligung, gleichzeitig ging ein beamteter Lehrer in den Ruhestand, er musste nur 140€ im Monat bezahlen, ohne Selbstbeteiligung. Von Gerechtigkeit kann hier ja nicht gesprochen werden!
Hat es vielleicht etwas damit zu tun, dass ungefähr 75% der Bundestagsabgeordneten beamtet sind?
Der Bundeshaushalt 2006 (destatis.de Punkt 24 - 27) sind hierfür Sonderausgaben von über 17 Milliarden € angefallen Dies darf der kleine Steuerzahler aufbringen. Ist dies moralisch nicht verwerflich?
Sehr geehrter Herr Humplik,
vielen Dank für Ihre Frage, warum BeamtInnen geringere Beiträge zur Krankenversicherung zahlen als Angestellte. Ich gebe Ihnen Recht, dass die Zweiteilung unserer Krankenversicherung in eine gesetzliche und private Krankenversicherung einerseits und die Versorgungsansprüche von BeamtInnen gegenüber Angestellten andererseits in hohem Maße ungerecht erscheinen.
BeamtInnen sind von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung befreit. Der Gesetzgeber sieht bei nicht versicherungspflichtigen Personen kein zu deckendes Schutzbedürfnis, oder aber die Versicherungspflicht wird zum Schutz der Solidargemeinschaft ausgeschlossen. BeamtInnen haben nach beamtenrechtlichen Vorschriften ein Anrecht auf Beihilfen zur Krankenversicherung, die je nach Status unterschiedlich ausfallen können. Für BeamtInnen besteht somit ein historisch gewachsenes eigenständiges (Teil-)Sicherungssystem.
Wir Grünen sind der Auffassung, dass das deutsche Krankenversicherungssystem mit der gesetzlichen Krankenversicherung sowie einem Privatversicherungsmarkt ein Auslaufmodell ist. Die Trennung in eine Bevölkerungsmehrheit, die einkommensabhängige Beiträge zahlen muss und in eine Bevölkerungsminderheit, die nicht versicherungspflichtig ist bzw. nur ihr eigenes Gesundheitsrisiko absichert, ist sozial ungerecht und behindert den Wettbewerb zwischen den Krankenversicherern.
Wir wollen deshalb eine Bürgerversicherung einführen, die für Alle gilt, auch für gut Verdienende, Selbstständige, BeamtInnen und Abgeordnete.
Auch die bisher Privatversicherten sollen in die Bürgerversicherung aufgenommen werden. Ihre zusätzlichen Leistungsansprüche, die sie über die private Krankenversicherung erworben haben, sollen ihnen erhalten bleiben und sollen über Zusatzversicherungen gewährleistet werden. In die Bürgerversicherung sollen alle Einkunftsarten -- auch Vermögenseinkommen, Gewinne und Mieteinkünfte -- einbezogen werden. Die Beitragsbemessungsgrenze soll bestehen bleiben.
Die Bürgerversicherung würde nicht nur für soziale Gerechtigkeit sorgen, sondern auch für eine nachhaltige Finanzierung des Sozialversicherungszweiges Krankenversicherung. Sie würde die Krankenversicherung aus ihrer einseitigen Anbindung an die Einkommen aus abhängiger Beschäftigung lösen und zöge mit Gewinn- und Vermögenseinkommen auch andere Einkommensarten heran, deren Anteil am Sozialprodukt wächst.
Für die Unterstützung der Bürgerversicherung braucht es allerdings politische Mehrheiten im Parlament, für die wir weiterhin kämpfen werden. Am Widerstand der BeamtInnen in den eigenen Reihen kann es übrigens nicht liegen, denn es trifft nicht zu, daß 75 % der Bundestagsabgeordneten verbeamtet sind, es sind 21 %.
Mit der Gesundheitsreform 2000 wurde von der damaligen grünen Gesundheitsministerin Andrea Fischer erstmals ein Standardtarif für PKV Versicherte geschaffen, denen die Versicherung im Alter zu teuer wurde. Der Standardtarif umfasst das Leistungsniveau der GKV und darf nicht mehr als den GKV-Höchstbeitrag von zurzeit 532 EUR kosten. Zum 01.01.2009 wird der Standardtarif in den neu geschaffenen Basistarif überführt, den jedes private Krankenversicherungsunternehmen ab diesem Zeitpunkt anbieten muss. Die Antragsteller brauchen sich - anders als sonst in der PKV -- keiner Gesundheitsprüfung unterziehen. Risikozuschläge werden keine erhoben. Allerdings kann die Beitragshöhe nach Alter und Geschlecht differenziert werden. Der Leistungsumfang des Basistarifs entspricht dem der GKV. Der Beitrag darf den durchschnittlichen Höchstbeitrag in der GKV nicht überschreiten. Entsteht durch die Zahlung des Beitrags Anspruch auf Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II, muss das private Krankenversicherungsunternehmen den Beitrag um die Hälfte reduzieren. Besteht auch dann noch Hilfebedürftigkeit, beteiligt sich das Sozialamt bzw. das Arbeitsamt. In den Basistarif aufgenommen werden aktuelle PKV-Versicherte über 55, ehemalige PKV-Versicherte, die derzeit keinen Krankenversicherungsschutz haben und Bedürftige, die Anspruch auf ALG II oder Sozialgeld haben. Freiwillig GKV-Versicherte und PKV-Versicherte unter 55 können nur im ersten Halbjahr 2009 beitreten.
Mit freundlichen Grüßen
Biggi Bender