Frage an Birgitt Bender von Chaled N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Bender,
ich interessiere mich für einen Aspekt um die Debatte zur Reformierung oder (hoffentlich baldigen) Abschaffung der Privaten Krankenvollversicherung.
Die Bürger haben derzeit grundsätzlich ein Wahlrecht, ob sie lieber gesetzlich oder privat versichert sein wollen. Dabei spielt es an dieser Stelle erstmal keine Rolle, ob diese Menschen aufgrund von falscher Gier über günstige Lockangebote oder warmer Worte eines gierigen Versicherungsverkäufers in die Fänge der Abwärtsspirale PKV geraten sind.
Ein Teil der Bürger - der Ihnen im Übrigen gewissermaßen besonders nahe steht - wird bei der Diskussion aber völlig außen vor gelassen: Die Beamten. Meine Lebensgefährtin hat im November 2011 zu Beginn Ihres Referendariats (rund 1000 Euro netto mtl.) die Wahl zwischen der PKV (ca. 70 Euro Beitrag mtl. bei Debeka) oder der freiwilligen Versicherung bei ihrer bisher unglaublich zuverlässigen und wunderbaren GKV (BKK essanelle/mehrere hundert Euro Beitrag mtl.).
Meine Frage: Diese Menschen haben kein Wahlrecht. Meine Freundin wäre liebend gerne in der GKV geblieben, doch die aktuelle Gesetzteslage lässt ihr mit der finanziellen Pistole auf der Brust faktisch keine Wahl. Gibt es aus Ihrer Sicht die Möglichkeit, den Beamtentarif in der GKV wieder einzuführen? Den hat damals m.W. irgendeine Bundesregierung als Parteispendenrückführung an die PKV-Lobby abgeschafft. Viele Menschen gelangen wegen Unwissenheit in den Ärger mit der PKV. Meine Freundin musste diesen Weg wider besseren Wissens gehen. Wie ist das möglich?
Mit freundlichen Grüßen aus Köln,
Chaled Nahar
Sehr geehrter Herr Nadar,
herzlichen Dank für Ihre Mail und die Unterstützung des grünen Anliegens einer solidarischen Bürgerversicherung (Mehr dazu unter: http://www.gruene-bundestag.de/themen/gesundheit/buergerversicherung-eine-fuer-alle_ID_212303.html )
Ein Wahlrecht zwischen gesetzlicher (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV) haben aktuell, anders als von Ihnen dargestellt, nicht alle BürgerInnen. Ein Wahlrecht besteht für ArbeitnehmerInnen erst, wenn ihr Einkommen die allgemeine Versicherungspflichtgrenze (beträgt 2013 52.200 Euro im Jahr) überschreitet: Gemäß dem seit 1. Januar 2011 geltenden GKV-Finanzierungsgesetz endet die Versicherungspflicht für ArbeitnehmerInnen mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem ihr Einkommen die Versicherungspflichtgrenze überschreitet.
Der von Ihnen geschilderte faktische Zwang, als BeamtIn eine private Krankenversicherung zu wählen, ist uns bekannt. Wir wollten dies unter Rot-Grün ändern. Eingeführt werden sollte damals eine Wahlmöglichkeit für BeamtInnen, sich entweder für die Beihilfe oder den (damals 50% betragenden) Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Krankenversicherung zu entscheiden. In letzterem Fall wäre die Beihilfe für gesetzlich krankenversicherte BeamtInnen entfallen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gab es Proteste von gesetzlich versicherten BeamtInnen, die sich privat behandeln ließen und neben der (teilweisen) Kostenerstattung durch die GKV zusätzlich die Beihilfe in Anspruch nahmen. Diese Widerstände führten dazu, dass die SPD auf den Wegfall dieser bereits in den Bundestag eingebrachten Regelung bestand. Für viele BeamtInnen – insbesondere solche mit kleinen Einkommen - wäre diese Wahlmöglichkeit jedoch eine gute Alternative gewesen.
Bei der nächsten Bundestagswahl entscheidet sich, ob wir in naher Zukunft Mehrheiten für die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung haben. In dieser wären dann alle - ArbeitnehmerInnen, Selbstständige, BeamtInnen - zu gleichen Konditionen versichert. Daher kämpfe ich für ein besonders gutes Wahlergebnis der Grünen.
Mit herzlichen Grüßen
Biggi Bender