Frage an Birgitt Bender von Mike K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Bender,
waren Sie am 28.06. bei der Abstimmung zum Meldegesetz im Bundestag anwesend, um die Aufgaben wahrzunehmen, für die Sie von Ihrem Souverän gewählt wurden?
Mit freundlichen Grüßen,
Mike Kulossa
Sehr geehrter Herr Kulossa,
wir lehnen die vom Bundestag beschlossene Reform des Meldegesetzes ab, denn wir halten die Klauseln zur Datenweitergabe für katastrophal. Die Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen haben im Innenausschuss den Änderungsantrag von CDU/CSU und FDP abgelehnt. Im Bundestag haben wir gegen das gesamte Gesetz gestimmt. Da wir in der Opposition nicht über eine Stimmenmehrheit verfügen können, konnten wir das Gesetz mit unserem „Nein“ leider nicht stoppen. Das wollen wir jetzt im Bundesrat erreichen. Solange die untragbaren Regelungen zur Adressweitergabe bestehen bleiben, werden wir auch dort dem Meldegesetz nicht zustimmen. Dies hat auch die baden-württembergische Landesregierung so angekündigt.
Nach dem bisher geltenden Melderechtsrahmengesetz und den entsprechenden Gesetzen der Länder war es für fast jedermann möglich, bei den Meldeämtern Daten zu einer Person zu bekommen. Dem zu widersprechen war kaum möglich, nach der Zustimmung zur Weitergabe ihrer Daten wurde nicht gefragt.
Der ursprüngliche Entwurf für das neue Meldegesetz (er war nötig, weil jetzt der Bund anstatt der Länder für das Melderecht zuständig ist) hatte für das Problem eine gute Lösung: Sollen die Daten für Werbung oder Adresshandel genutzt werden, dann muss der Betroffene jedes Mal explizit zustimmen. Diese Lösung, das sogenannte „opt-in“ ist der richtige Ansatz. Denn so behält jede und jeder die Regie über die eigenen Daten.
Kurz vor Abschluss des Gesetzesverfahrens haben CDU/CSU und FDP einen Änderungsantrag vorgelegt: Statt „opt-in“, der Zustimmung im Einzelfall, heißt das Prinzip nun „opt-out“ – man muss widersprechen, dass die eigenen Daten für Werbung und Adresshandel genutzt werden. Das ist wenig bürgerfreundlich: Wenn man sich neu anmeldet und darauf hingewiesen wird, dann kann man das mit erledigen. Aber, wer auf absehbare Zeit nicht umzieht, muss extra dafür zum Amt gehen und einen Antrag stellen, dass die eigenen Daten nicht weitergegeben werden. Das ist umständlich und die falsche Reihenfolge: Es will doch der Adresshändler was vom Bürger, nicht umgekehrt.
Aber es kommt noch schlimmer: Denn eigentlich kann man gar nicht wirklich widersprechen, wenn das Gesetz so bleibt! Der Widerspruch ist ungültig, wenn Daten nur „bestätigt“ oder „berichtigt“ werden. Das klingt nach Sonderfall, ist es aber nicht: Hat ein Adresshändler die alte Adresse und will die aktuelle, dann gilt der Widerspruch nicht – und das sind die meisten Abfragen, denn Adresshändler verdienen damit, dass ihre Daten aktuell sind. Abfragen zur Auffrischung sind die Regel, nicht die Ausnahme.
Ihre Kritik sollten Sie gegen die Regierungsfraktionen richten. Sie können sich darauf verlassen, dass die Grünen Bürgerrechte ernst nehmen und wir damit auch Erfolg haben werden, denn anders als im Bundestag hat Schwarz-Gelb im Bundesrat keine Mehrheit.
Mit freundlichen Grüßen
Biggi Bender