Frage an Birgitt Bender von Alexander W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Bender,
in Niedersachsen erprobt die AOK gemeinsam mit der Firma I3G, einer Tochtergesellschaft des Pharmakonzern Janssen-Cilag, die Integrierte Versorgung psychisch Kranker. Erstmals übernimmt damit ein gewinnorientiertes Unternehmen der Pharmabranche die Komplettversorgung von Patienten.
Ich halte dies für äußerst bedenklich und habe die Sorge, dass dieses Modell Schule macht und Pharmafirmen künftig nicht nur Medikamente bereitstellen, sondern auch darüber entscheiden, wie Kranke zu behandeln sind. Die Nachteile der Privatisierung des Gesundheitswesen sehen wir in den USA. Dort gibt es die Integrierte Versorgung ("Managed Care") bereits seit langem. Ergebnis ist, dass Ärzte ihre Patienten nicht mal über alternative und ggf. bessere Behandlungsmöglichkeiten informieren dürfen, weil Pharmaunternehmen die Vorschriften setzen.
Wie schätzen Sie diese Situation ein und wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass in Deutschland die Profitinteressen und das Renditestreben der Pharmaindustrie nicht zu Lasten der Beratungs- und Behandlungsqualität von Patienten geht?
Ich freue mich auf Ihre Antwort! Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Woletz
Sehr geehrter Herr Woletz,
vielen Dank für Ihre Frage.
Wir haben uns mit der Beteiligung von pharmazeutischen Unternehmen an Verträgen zur Integrierten Versorgung in der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen sehr kritisch auseinandergesetzt und zu dem von Ihnen geschilderten Fall eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Die Antwort können Sie unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/036/1703625.pdf einsehen.
Die Integrierte Versorgung ist für uns ein Instrument zur Überwindung von Sektorengrenzen und besseren Zusammenarbeit im Gesundheitswesen. „Managed Care“ kann ein Ansatz sein, um die Versorgung zu verbessern und Versorgungsziele besser als bislang zu erreichen. An erster Stelle muss der Schutz der Patientinnen und Patienten stehen. Deren Gesundheit oder Versorgung darf durch die Beteiligung von Pharmafirmen nicht gefährdet sein (z.B. mögliche Medikalisierung bei psychiatrischen Patientinnen und Patienten). Diese für uns selbstverständlichen Grundsätze müssen gewahrt bleiben. Darüber hinaus hat sich die AOK in diesem Fall gegen steigende Medikamentenverordnungen abgesichert.
Auch für Integrationsverträge gilt das Gebot der Therapiefreiheit sowie das Verbot der Entgegennahme von nichtärztlichen Weisungen zur Therapie. Im Einzelfall treffen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Entscheidung über die Verordnung eines Arzneimittels und können alternative Medikamente verschreiben. Und auch die Versicherten werden nicht gezwungen, an der Integrierten Versorgung teilzunehmen.
Die Behandlungs- und Beratungsqualität wollen wir über die bereits für die Integrationsversorgung bestehenden Anforderungen verbessern, in dem wir einerseits die Patientenrechte weiter stärken wollen und uns anderseits für mehr Qualität und Evidenzbasierung in der Versorgung einsetzen.
Ausführliche Informationen zu unseren Initiativen finden Sie unter http://www.gruene-bundestag.de
Mit freundlichen Grüßen
Biggi Bender