Frage an Birgit Schwebs von Manfred S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
1995 wurde in San Francisco festgestellt,dass in Zukunft 20% der arbeitsfähigen Bevölkerung der Welt genügen werden,um alle Produkte und anspruchsvollen Dienstleistungen zu erbringen, die wir benötigen.
Frage:Wie gehen die Politiker mit diesem Fakt um ?
Sehr geehrter Herr Sander,
wie "die Politiker " mit dieser offensichtlich richtigen Erkenntnis umgehen, weiß ich natürlich nicht. Mich bestätigt sie nur in meiner Auffassung, dass der gegenwärtige neoliberale Politikansatz [einerseits für (wenige, durch Arbeitsverhältnisse privilegierte) Menschen die tägliche und die Lebensarbeitszeit zu verlängern und andererseits immer mehr Menschen von der Arbeit auszugrenzen und staatlicher, repressiv ausgestalteter Alimentierung auszusetzen] falsch ist.
Dass dieser Weg falsch ist, lässt sich mit vielen Argumenten begründen, von denen ich an dieser Stelle nur einige aufzählen möchte:
* Arbeit war und ist eine wesentliche Bedingung für die "Menschwerdung" - das galt historisch und ist auch heute noch für die individuelle Entwicklung jedes Einzelnen wichtig
* die jetzige Gesellschaft ist darauf ausgerichtet, dass der Einzelne seinen gegenwärtigen und seinen künftigen Lebensunterhalt mit Arbeit verdient - dazu muß ihm von der Gesellschaft auch die Chance gegeben werden. Das betrifft z.B. eine gute Schulbildung und einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung als Voraussetzung für einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.
* da der Mensch von seiner Natur her ein soziales Wesen ist, bietet ihm die die Arbeit gleichfalls die Möglichkeit zur Kommunikation und zur Ausgestaltung seiner sozialen Beziehungen
* auch ehrenamtliche Arbeit ist "richtige" Arbeit (auch wenn sie nicht entsprechend honoriert wird)
Meine Partei, die Linkspartei.PDS hat in Kenntnis der vielfältigen Funktionen der Arbeit verschiedene Vorschläge unterbreitet, wie man dem scheinbaren "Mangel an Arbeit" [der aber wirklich nur ein scheinbarer ist], entgegen treten kann. Ich verweise da auf das Konzept des "Lebenslangen Lernens" um den wachsenden Anforderungen der Lebens- und Arbeitswelt gerecht zu werden. Wir plädieren für eine Verkürzung der täglichen und der Lebensarbeitszeit, um mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, an der Arbeit teilzunehmen - um Arbeit zu verteilen. Und last but not least hat meine Partei genau aus diesem Grunde das Konzept des "Öffentlich geförderten Beschäftigungssektors" entwickelt und in MV in die Praxis (mit den sog. GAP-Projekten) umgesetzt. Der Grundgedanke des ÖBS liegt darin, dass es genug Arbeit gibt, die gesellschaftlich notwendig ist (im Umweltbereich, in der Pflege, in der Bildung und Erziehung ...), aber von der Wirtschaft nicht bezahlt wird. Diese muß aus öffentlichen und Steuergeldern finanziert werden, auch dabei werden Arbeitsplätze geschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Schwebs