Frage an Birgit Rouault von Ulrich G. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Frau Rouault,
ich unterrichte an der Rudolf-Steiner-Schule Ismaning Freie Waldorfschule. Vielleicht kennen Sie das Problem ja schon: Die Schulen freier Trägerschaft ("Privatschulen") haben zwar die verfassungmäßige Verpflichtung, dass sie ihre Schüler nicht nach dem Einkommen der Eltern sondern dürfen, können dem aber wegen der geringen staatlichen Förderung nur schwer oder gar nicht nachkommen. Unsere Schule bekommt z.B. nur knapp 60% der tatsächlichen Kosten vom Staat ersetzt, obwohl diese unsere Kosten (ohne Baufinanzierung pro Schüler 6041 EUR für Klassen 1-13) nicht höher als die der staatlichen Schulen sind (Grundschulen 5266,31 EUR, Gymnasien 6881,83 EUR). Hierin sehe ich eine klare Benachteiligung unserer Eltern. Und nur durch massiven Gehaltsverzicht der Mitarbeiter und freiwillige Mehrzahlung einiger Eltern gelingt es derzeit noch einigermaßen, dem Sonderungverbot zu entsprechen. Welche Priorität hat diese Frage für Sie?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ulrich Gutdeutsch
Sehr geehrter Herr Gutdeutsch,
vielen Dank für Ihr Interesse.
Dies ist tatsächlich ein bekanntes Problem. Es verdient Anerkennung, mit welchem Einsatz Ihre Schulfamilie diese Schwierigkeit meistert, aber es ist natürlich kein zufriedenstellender Zustand. Ich sehe keinen Grund, warum der Staat für Privatschulen weniger Mittel bereitstellt, als für staatliche Schulen. Schulen in freier Trägerschaft sorgen mit ihren unterschiedlichen pädagogischen Konzepten für Vielfalt im öffentlichen Schulwesen. Der Staat profitiert ja auch davon, dass private Träger ihn bei seinem Erziehungs- und Bildungsauftrag unterstützen. Wenn wir für Chancengleichheit eintreten, müssen auch Kinder aus einkommensschwachen Familien die Möglichkeit haben, eine Privatschule zu besuchen. Andernfalls tritt eine Entwicklung ein, wie wir sie aus anderen Ländern bereits kennen, dass nämlich Bildung für eine zahlungskräftige Elite käuflich wird.
Dieses Thema ist also sehr wichtig, mein Traum wäre allerdings ein staatliches Schulsystem, das nicht starr ist, sondern sich an die Kinder anpassen kann. Denn an Privatschulen wenden sich durchweg engagierte Eltern, Kinder aus bildungsfernen Schichten können hier nicht erreicht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Rouault