Frage an Birgit Raab von Michalel S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Raab,
ich bin seit 1986 ´Zweitstimmen-Grün, Erststimmen-SPD´. Aufgrund meiner Unzufriedenheit mit der ´alten Tante SPD´ werde ich dieses Jahr wohl zum ersten Mal Sie und somit B90/Grüne zweistimmig wählen. Erfreut habe ich bei der Befragung auf Abgeordnetenwatch/SPON festgestellt, mit Ihren Aussagen bei 23 von 24 Thesen übereinzustimmen. Lediglich Ihre neutrale Antwort zu These 8: ´Zuwanderung ... ´ irritiert mich. Trotz Überschrift ´Integration, Thema: Zuwanderung´, vermisse ich einen engagierteren Hinweis auf den Asylbereich. Seit der sogenannten ´Asylwende´ in den 1990ern hat sich m.E. die Beantragungsmöglichkeit + die Situation Asylsuchender verschlechert. Dass Zuwanderung aus ökonomischen und alterspezifischen Gründen sinnvoll ist, ist für mich unbestritten. Aber ich finde bei diesem Thema sollte sich Ihre These stärker auf die hunmanistisch/humanitäre Problematik konzentrieren. Über mehr Aussagen zu diesem Thema würde ich mich freuen.
Sehr geehrter Herr Steinbrecher,
vielen herzlichen Dank für Ihre Frage und dass Sie mich wählen wollen. :-) Gerne antworte ich Ihnen näher zur aktuellen Situation Asylsuchender, die ich für unerträglich empfinde. Erst letzten Sonntag (25.8.) hatte ich die kurze Möglichkeit, mit Asylbewerbern zu sprechen, die sich auf dem Protestmarsch nach München befinden und in Nürnberg bei hilfsbereiten Menschen, die bereitwillig ihr Haus für diese armen Menschen öffneten, übernachten konnten. Dafür meine größte Hochachtung. Wie in Bayern Asylsuchende behandelt werden, hat mit Menschenwürde und Humanität nicht mehr viel zu tun. Die lange Wartezeit und Ungewissheit - das Arbeitsverbot - mit Essenspaketen versorgt zu werden, die keine Rücksicht auf persönliche und individuelle Essensvorlieben nehmen - eingepfercht zu sein in überfüllten Unterkünften. Wer würde bei solchen Verhältnissen nicht verzweifeln und depressiv werden? Hier sind dringend Änderungen nötig und ein Politikwechsel. Wir GRÜNE wollen die Potentiale der Menschen, die Hilfe und Zuflucht bei uns suchen, nutzen. Wir Grüne wollen ein faires Asylsystem und hohe menschenrechtliche Standards bei der Aufnahme von Flüchtlingen in ganz Europa.
Wir setzen uns ein für:
- ein großzügiges aktives Flüchtlingsaufnahmeprogramm mit einer jährlichen Quote für eine Ansiedlung und Aufnahme aus Kriegs- und Krisengebieten (Resettlement)
- die Aufhebung der Residenzpflicht und der Ausbildungs- und Arbeitsverbote
- die Abschaffung des diskriminierenden Asylbewerberleistungsgesetzes, der Abschiebungshaft und des Flughafenverfahrens
- den besonderen Schutz für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge
- Realitätstaugliche, stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung für Geduldete
Herzliche Grüße
Birgit Raab