Frage an Birgit Homburger von Klaus H. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Homburger,
in der gestrigen Zeitung entnahm ich Ihre Stellungnahme zur Gentechnik in der Landwirtschaft. Haben Sie sich schon mal Gedanken gemacht, welche Auswirkung die Gentechnik auf die Bestäubung der Planzen durch Bienen hat. Ich bin zwar kein Imker, aber ich habe vor einer Woche eine erschütternde Sendung in SWR2 gehört und bin entsetzt mit welchen Argumenten Sie für die Gentechnik eintreten. Wie schätzen Sie die Folgen ein, wenn keine Bestäubung der Pflanzen durch Insekten erfolgen kann. In USA werden bereits Ventilatoren eingesetzt.
Mfg Klaus Hoffmann
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
Ihre Frage habe ich erhalten. Ich persönlich und auch die FDP Baden-Württemberg hat sich intensiv mit der Frage der Nutzung der Biotechnologie/Gentechnik auseinandergesetzt. Mehrere Expertengremien der FDP Baden-Württemberg haben über viele Monate unter Hinzuziehung externer Experten in Anhörungen das Thema vorbereitet und an der Erarbeitung des Leitantrags unseres Landeshauptausschusses gearbeitet. Dabei sind selbstverständlich auch Kritiker der Technik zu Wort gekommen.
Nach eingehender Beratung haben wir am letzten Samstag einen Antrag beschlossen, den ich Ihnen anliegend zu Ihrer Information beifüge. Wir haben die Diskussion intensiv geführt und ich persönlich habe in der Woche vor dem Parteitag eine ganze Reihe von Forschungseinrichtungen in Baden-Württemberg besucht, um mich persönlich vor Ort bei den Instituten noch einmal kundig zu machen.
Wir haben uns dabei auch mit der Frage der Bienen auseinandergesetzt. In Deutschland wird nur in geringem Umfang Bt-Mais angebaut, Mais der den Wirkstoff des Bodenbakterium Bazillus thuringiensis (Bt) enthält. Präparate mit Sporen dieses Bakteriums werden in der biologischen Schädlingsbekämpfung seit Jahrzehnten angewandt. Bt-Mais ist gegenüber dem Maiszünsler resistent, einem Schadinsekt, das in den Befallsgebieten insbesondere im Oderbruch die Erträge um bis zu 30% mindert und durch zusätzlichen Pilzbefall die Qualität des Maises deutlich verschlechtert. Bei mehreren Untersuchungen wurde festgestellt, dass der Befall von Mais mit Mykotoxinen, also hochgiftigen Pilzen, bei gentechnisch verändertem Bt-Mais signifikant geringer war, als bei herkömmlichen Sorten unter gleichen Bedingungen.
Der Wirkstoff von Bazillus thuringiensis ist nicht gesundheitsgefährdend für Säugetiere, auch nicht für den Menschen. Dafür gibt es jahrzehntelange Erfahrungen. Der Endbericht des in Bayern durchgeführten Bt-Mais-Monitorings stellt fest, dass mit dem Anbau von Bt-Mais "keine anderen Risiken und Nebenwirkungen verbunden sind, als durch Anwendung von seit vielen Jahren auch im Ökolandbau zugelassenen Bazillus thuringiensis-Präparaten". Der vierjährige Feldversuch wurde in Bayern auf Großparzellen an fünf Standorten durchgeführt. Die Untersuchung der Bodenmikrobiologie und die bodenzoologischen Untersuchungen von Indikatororganismen wie z. B. Regenwürmern und verschiedenen häufigen Nichtzielorganismen ergaben keine signifikanten Einflüsse des Bt-Maises. An der Universität Jena wurde die Wirkung von Bt-Mais auf Bienen speziell untersucht. Die Ergebnisse bestätigen die bayrischen Untersuchungen.
Ich hoffe, Sie können erkennen, daß wir uns mit dem Thema intensiv beschäftigt haben. Uns geht es auch in keiner Weise um das Vorschreiben einer Technik. Wir wollen Wahlfreiheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher und analog zu den auf europäischer Ebene geltenden Regeln, eine Koexistenz der verschiedenen Anbauformen. Dies bedeutet, daß sich die Landwirte aus unserer Sicht frei für eine Anbauform entscheiden können müssen.
Unter Vorgabe klarer gesetzlicher Regeln und Grenzwerte sowie mit einer begleitenden Sicherheitsforschung müssen die Rahmenbedingungen der Nutzung der Gentechnik in Deutschland verbessert werden, wenn wir nicht weltweit von den Entwicklungen abgehängt und von anderen abhängig werden wollen. Mir ist es im übrigen lieber, Forschung unter klaren Kriterien und der Aufsicht gründlicher deutscher Behörden in Deutschland durchzuführen und damit auch Einfluß auf zukünftige Entwicklungen zu haben, als dies alles dem Ausland zu überlassen.
Der Einsatz der Biotechnologie/Gentechnik fordert eine Risikoabwägung. Daher geht es uns vor allem um Sachinformation und Aufklärung. Es darf und es muß nicht alles gemacht werden. Aber es kann und muß mehr gemacht werden, als das was derzeit in Deutschland zugelassen ist. Deshalb müssen die Rahmenbedingungen für die Nutzung der Biotechnologie/Gentechnologie verbessert werden. Dafür setzen wir uns ein.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Homburger