Frage an Birgit Homburger von Christian B. bezüglich Energie
Wie stellen Sie sich eine NACHHALTIGE zukünftige Energieversorgung vor?
Kohle, Erdöl, Gas und Kernenergie weisen enorme Strukturdefizite auf, z.B. Proliferation (Iran), Terrorgefahr, ökonomische Abhängigkeit von unsicheren Patnerländern, militärische Konflikte (Irak) und sind volkswirtschaftlich TEURER als eine Vielzahl schon eingesetzter Alternativen. Billiges Erdöl und Uran werden in wenigen Jahrzehnten aufgebraucht sein, bei steigenden Preisen!? Der Klimakollaps stellt die mit Abstand bedeutendste Gefahr für die menschliche Zivilisation dar nur wird sich dieses Horrorszenario in wenigen Jahrzehnten NICHT mehr aufhalten lassen! Die Mär dass eine Anpassung günstiger sei als Vorsorge dürfte seit “Katrina” vom Tisch sein.
Erneuerbare Energien (EE) schaffen und sichern sehr viele Arbeitsplätze (pro Energiemenge um den Faktor 2 bis 3 mehr als die fossil-nuklearen). Nach Deutscher Bank und Goldman Sachs wächst der Weltmarkt für EE mit 20 – 30 % p.a. Deutschland hat in ALLEN relevanten Bereichen der EE eine globale Forschungs-, Technologie- und Marktführerschaft.
Dem EEG ist diese Spitzenposition zu verdanken, lt. MIT das (kosten)effizienteste Fördermodell der Welt. Die Unternehmen beginnen nun konsequent mit dem Export. Das ist doch genau die Boombranche nach der in Deutschland gesucht wird!
Zur FDP. Sie wollen ja Innovationen und Arbeitsplätze, nur findet man die bei EE nicht. Sie wollen nicht aus der Kernenergie raus: das werden Sie aber müssen, weil nämlich der Brennstoff ausgeht!? Sie wollen ein Quotenmodell für EE: nur das bringt in der Praxis nichts und ist teurer!? Sie reden von “Privilegien” im Baugesetzbuch: nur die gleichen haben die Kohle- und Kernkraftwerke!? Windenergie auf See sei unwirtschaftlich: bitte die Quelle einer unabhängigen Studie!?
Das EEG kostet einen Haushalt 1,50€ pro Monat!? Das Ziel ist eine lebenswerte Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder!?
Ich erwarte vernüftige und stichhaltige Argumente (ÜBERALL wo ein ? steht)!
Sehr geehrter Herr Breyer,
Ihre Anfrage über Kandidatenwatch zur Energiepolitik habe ich erhalten. Ich habe den Eindruck daß wir gar nicht weit auseinanderliegen.
Ziel liberaler Energiepolitik ist eine nachhaltige und effiziente Energieversorgung, die nur durch einen Energiemix unter Nutzung aller verfügbarer Energieträger erreichbar ist. Die FDP fordert ein energiepolitisches Gesamtkonzept, das sowohl Umwelt- und Sozialverträglichkeit als auch Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit gewährleistet.
Die Gleichrangigkeit zwischen den genannten Zielen ist derzeit nicht gegeben. Die rot-grüne Energiepolitik hat insbesondere das Ziel der Wirtschaftlichkeit (Anteil der staatlich verursachten Kosten am Strompreis für Privatkunden beträgt ca. 41%) und der Versorgungssicherheit in den Hintergrund treten lassen.
Nicht zuletzt aus Gründen des Klimaschutzes und einer größeren Unabhängigkeit von Energieimporten müssen die erneuerbaren Energien im zukünftigen Energiemix eine zentrale Rolle spielen. Die FDP engagiert sich deshalb für den weiteren Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien und will deren Einsatz national und weltweit voranbringen. Die staatliche Vorgabe von Technik und Preis, wie sie das jetzige EEG vorschreibt, lehnen wir ab. Stattdessen plädieren wir für eine wettbewerbliche Förderung der erneuerbaren Energien auf der Basis einer Mengensteuerung (d. h. nicht für ein Quotenmodell). Die Netzbetreiber sollen dazu verpflichtet werden, eine Mindestmenge (keine Quote) Stroms p. a. aus Erneuerbaren Energien zu decken. Jede Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien erhält ein Zertifikat für dort erzeugte Menge regenerativen Stroms. Die Zertifikate werden - analog zu den auf europäischer und deutscher Ebene bereits rechtlich institutionalisierten und im Handel befindlichen Treibhausgas-Emissionszertifikaten - unabhängig vom Strommarkt gehandelt. Ein solches Handelsmodell überwindet einen zentralen ökonomischen Nachteil des bisherigen technologiespezifischen Förderung durch das EEG: Beim EEG muß für die Gesamtmenge an Strom aus erneuerbaren Energien mehr bezahlt werden als nötig, weil nicht nur das Segment der erneuerbaren Energieträger geschützt wird, sondern auch die Technologien als solche (bzw. deren Anbieter) spartenspezifisch in einem geschützten Markt operieren können. Einen interessanten Aufsatz mit weiterführenden Quellen hierzu finden Sie in Heft 9/2005 der Energiewirtschaftlichen Tagesfragen. Er hat den Titel "Einspeisevergütungs- und Quotenmodell zur Förderung der regenerativen Stromerzeugung - Ökonomische Analyse der Fördersysteme in den EU-Mitgliedstaaten".
Innovative Techniken im Bereich der erneuerbaren Energien sollen nach unserem Modell parallel durch Ausschreibungswettbewerbe gefördert werden. Im übrigen setzen wir auf die Erforschung von Speichertechnologien, weil diese die erneuerbaren Energien grundlastfähig machen und ihnen so eine große Zukunftschance eröffnen. Außerdem will die FDP die Förderung erneuerbarer Energien mit dem Emissionshandel verknüpfen und das Potential der erneuerbaren Energien für den Wärmemarkt nutzen.
Die FDP hat als einzige Partei im Deutschen Bundestag bereits in der 14. Wahlperiode und erneut in der 15. Wahlperiode einen entsprechenden Alternativvorschlag zum EEG in den Deutschen Bundestag eingebracht (vgl. u. a. Anträge "Marktwirtschaftliche Förderung des Einsatzes erneuerbarer Energieträger", BT-Drs. 14/5328, und " Perspektiven für eine marktwirtschaftliche Förderung erneuerbarer Energien", BT-Drs. 15/1813). Diese und weitere Anträge finden Sie unter www.homburger.de. Zur Frage der Wirtschaftlichkeit der Nutzung der Windenergie auf See weise ich ausdrücklich darauf hin, daß wir nicht generell in Abrede stellen, daß die Windenergienutzung auf See wirtschaftlich werden könnte. Allerdings ist die Finanzierung von Offshore-Projekten mit hohem Kapitalbedarf verbunden. Hierzu enthält beispielsweise die Netz-Studie der Deutschen Energie-Agentur lesenswerte Ausführungen. Im übrigen gibt es in diesem Zusammenhang Zielkonflikte zwischen der Nutzung der Windenergie auf See und dem Naturschutz, die gelöst werden müssen.
Für den Energiemix brauchen wir weiterhin fossile Energieträger. Ihre Vorräte liegen jedoch weitgehend in politisch instabilen Regionen der Erde. Deshalb kommt der Energieeinsparung, der Erhöhung der Energieeffizienz -auch durch die Erneuerung des veralteten Steinkohlekraftwerksparks- und den erneuerbaren Energien steigende Bedeutung zu.
Auch über die auf 32 Jahre willkürlich verkürzte Betriebszeit der in Deutschland bestehenden Kernkraftwerke hinaus brauchen wir diese Option der Stromerzeugung als Bestandteil des Energiemixes. Solange die zentrale Frage offen bleibt, wie auf die Kernenergie langfristig verzichtet werden kann, ohne die Atmosphäre durch den verstärkten Einsatz fossiler Brennstoffe zusätzlich zu belasten, ist der beabsichtigte Ausstieg aus der Kernenergie nicht zu vertreten.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Homburger