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Frage von Jürgen L. •

Frage an Birgit Alkenings von Jürgen L. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrte Frau Alkenings,

da Ihre Partei in der Vergangenheit durch den forcierten Eintritt für die Gesamtschule der Hauptschule den Garaus gemacht hat, stelle ich Ihnen die Frage, was mit der zur "Rest"schule geschehen soll?

Wie stehen Sie zur Einführung von Mindestlöhnen, damit der Missbrauch von Dumpinglöhnen und der damit verbundenen Begünstigung von Leiharbeitsagenturen reduziert werden kann?

Wie ist Ihr Standpunkt zum Abbau der Subventionen im Bereich der Braun- und Steinkohle sowie in der Landwirtschaft?

Wenn ich auch "Müntes" Aussage "Opposition ist Mist" teile, darf dies jedoch nicht dazu führen, eine wie auch immer umschriebene Zusammenarbeit mit den LINKEN in Betracht zu ziehen.
Da die von Frau Kraft in der Talkshow bei Frau Illner genannte Absage dieser Zusammenarbeit bereits durch Äußerungen nachgeordneter Parteigrößen relativiert wurde, kann ich Ihr nicht trauen.
Somit kann ich auch nicht der SPD meine Stimme geben.

Mfg
Jürgen Lissewski

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lissewski,

gerne beantworte ich Ihre Fragen.

Zur Schulpolitik:
Der Elternwille zeigt sich bei den Hauptschulen in der Form, dass sie ihre Kinder dort nicht anmelden. Einen Zusammenhang mit der Gesamtschule kann ich nicht erkennen.
Ich möchte ein Schulsystem, das den Elternwillen respektiert. Ich möchte ein Bildungssystem, das den Aufstieg möglich macht. Ich möchte, dass unsere Kinder länger gemeinsam lernen können. Im Moment wird nach der Grundschule eine zwingende Entscheidung über die Schulform getroffen, die die Kinder künftig besuchen und die ihr ganzes Leben bestimmen. Im dreigliedirgen Schulsystem ist der Aufstieg nach oben fast unmöglich, der Abstieg aber häufig. Das wollen die Eltern nicht und melden ihre Kinder verstärkt an Gesamtschulen an. Diese weisen viele Kinder aus Platzmangel ab.
Ändern müssen sich vor allem die Bildungschancen, denn diese hängen nach wie vor zu stark vom Geldbeutel der Eltern ab. Bildung darf aber keine Privileg für diejenigen sein, die sie über das Elternhaus "in die Wiege" gelegt bekomen. Individuelle Förderung muss ganz früh beginnen, für jedes Mädchen und jeden Jungen. Gute Bildung und Ausbildung sind der Schlüssel für die Zukunft aller Kinder.

Zu Mindestlöhnen/Leiharbeit:
Wir wollen Gute Arbeit für alle, Arbeit, von der die Menschen gut leben können. Wir wollen prekäre Beschäftigung in jeder Form überwinden. Wir kämpfen für den flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn. Wer Vollzeit arbeiten geht, muss von seinem Lohn auch anständig leben können. Das verlangt die Würde des Menschen.
Wer Mindestlöhne verweigert und weiter auf Niedriglöhne setzt, macht Menschen dauerhaft abhängig von staatlicher Hilfe - im Erwerbsleben und im Alter, weil keine ausreichenden Rentenansprüche aufwachsen können. Wir werden Leiharbeitsverhältnisse rechtlich besser absichern. Neben einer Lohnuntergrenze gehört dazu auch die Stärkung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.“ Nach einer angemessenen Einarbeitungszeit soll für die Arbeit in demselben Unternehmen der Grundsatz „equal pay“ uneingeschränkt gelten.
Beschäftigte müssen durch die Wiedereinführung des Synchronisationsverbots (Beschäftigung, die auf einen konkreten Auftrag beschränkt ist) vor moderner Tagelöhnerarbeit geschützt werden. Die konzerninterne Verleihung wollen wir begrenzen. Die Zahl der Leiharbeiter in einem Betrieb muss bei der Größe des Betriebsrats berücksichtigt werden.
Wir wollen, dass Dauer, Bezahlung und Anzahl von Praktika gesetzlich geregelt werden. Berufspraktika dürfen nicht länger als willkürliche Verlängerung der Probezeit, zur Umgehung des Kündigungsschutzes und zum Lohndumping missbraucht werden.
Wir werden ein neues Tariftreuegesetz beschließen. Im Einklang mit dem
Vergaberecht werden wir wirksam Lohn- und Sozialdumping bei der Vergabe
öffentlicher Aufträge unterbinden.

Zu Subventionen für Kohle/ Landwirtschaft:

Subventionen sind nicht grundsätzlich gut oder schlecht. Es gibt Bereiche unserer Gesellschaft, die der Markt nicht regelt (nicht regeln kann) - für diese Bereiche sind Subventionen zur Steuerung sinnvoll. Einer dieser Bereiche ist z.B. der gesamte Bildungsbereich.

Grundsätzlich muss bei allen Subventionen ihre Sinnhaftigkeit immer an den Ergebnissen überprüft werden.

Im Moment wird der Steinkohleabbau in Deutschland subventioniert. Auch bei einem von der FDP geforderten vorgezogenen Ausstieg aus der Steinkohle müssten Altlasten und Ewigkeitslasten weiter getragen werden. Eingespart werden könnten lediglich die Produktionsbeihilfen; diese betragen - je nach Weltmarktpreis - etwa 100 € /t, d. h. insgesamt bei einer Jahresförderung von 13 Mio. insgesamt 1,3 Mrd. €. Im Steinkohlenbergbau und seiner Zulieferindustrie gibt es insgesamt: ca. 54.000 Industriearbeitsplätze, davon ca. 2.000 Ausbildungsplätze. Der Wegfall dieser Arbeitsplätze würde durch den Wegfall von Lohn- bzw Einkommenssteuer, Wegfall von Sozialbeiträgen und höhrere Sozialleistungen ca 1,89 Mrd. € kosten.

· Der sofortige Ausstieg aus dem Bergbau würde die öffentliche Hand jährlich netto etwa 600 Mio. mehr kosten als die planmäßige Fortsetzung des Bergbaus.
· Arbeitsplätze im Sockelbergbau kosten Geld - die Finanzierung von Arbeitslosigkeit kostet mehr Geld.

Die EU-Agrarpolitik wird ab 2013 sich stärker am Markt orientieren und ihr werden insgesamt weniger Finanzmittel zur Verfügung stehen. Die Landwirte in NRW müssen sich dann dem internationalen Wettbewerb stellen. Die Liberalisierung der Agrarmärkte darf aber keinesfalls dazu führen, dass die landwirtschaftliche Produktion in den benachteiligten Regionen unseres Landes gefährdet wird. Denn dann wären zugleich die Leistungen der Landwirte für den Erhalt von Natur und Landschaft und zum Schutz der Umwelt nicht mehr gewährleistet. Diese Leistungen müssen wir im Rahmen einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Agrarpolitik künftig stärker entlohnen.
Dazu muss die so genannte „Zweite Säule“ des EU-Agrarfonds gestärkt werden, um in Zukunft Programme für eine multifunktionale, flächendeckende und umweltfreundliche Landbewirtschaftung bezahlen zu können. Eine Möglichkeit dafür ist die schrittweise verstärkte Modulation der Direktzahlungen der EU-Agrarhilfen. So können die Landwirte ihre Aufgabe und Funktion erfüllen, die Menschen mit gesunden Nahrungsmitteln zu versorgen und als Heger und Pfleger der Landschaftzu wirken.

Zur Linkspartei:
Dazu kann ich Ihnen nur das schreiben, was Frau Kraft sagt: Die Linkspartei ist weder regierungsfähig noch regierungswillig. Diese Position vertrete ich persönlich ebenfalls.
Ansonsten ist es bei der Landtagswahl am 9. Mai in die Hände der Wählerinnen und Wähler gelegt, so zu wählen, dass die Linkspartei nicht in den Landtag einzieht. Dann stellt sich diese Frage gar nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Birgit Alkenings