Frage an Bettina Wiesmann von Christoph B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Wiesmann,
wie ich erfahren habe, ist eine Änderung des Hessischen Forstgesetzes geplant und der Gesetzesentwurf liegt mittlerweile vor.
Gerade im Hinblick auf das Radfahren im Wald finden sich einige massive Einschränkungen im Gesetzesentwurf, die unter anderem von der Definition eines „festen Weges“ in Bezug auf das Betretungsrecht herrühren.
So heißt es im §15 zum Beispiel:
"Feste Waldwege sind befestigte oder naturfeste Wege, die von nicht geländegängigen, zweispurigen Kraftfahrzeugen ganzjährig befahren werden können."
"Betreten mehrere Personen den Wald zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes, steht ihnen das Betretungsrecht nur zu, wenn nach den örtlichen Gegebenheiten eine Beeinträchtigung des betroffenen Waldgebietes nicht zu erwarten ist."
Ist Ihnen und Ihren Fraktionskollegen bewußt, daß eine derartige Regelung die legale Ausübung unseres Sports in Hessen nahezu unmöglich macht? Wie erklären Sie den Widerspruch zu Artikel 62a der Hessischen Verfassung: „Der Sport genießt den Schutz und die Pflege des Staates, der Gemeinden und Gemeindeverbände“?
Was in der Begründung zum Gesetzentwurf verschwiegen wird: Das Befahren des Waldes abseits der Wege ist bereits nach geltendem Recht illegal und wurde bereits in der Vergangenheit durch Bußgelder sanktioniert. Ansätze, die Situation z.B. im Taunus durch das Ausweisen bestimmter Strecken zu entschärfen, werden durch die zuständigen Behörden aber seit über 6 Jahren torpediert. Das zeigt, daß die schon vorhandenen Möglichkeiten zur Vermeidung behaupteter Konflikte nicht genutzt werden.
Immerhin wird der Pressesprecher des Umweltministeriums am 04.07.2012 in der Gelnhäuser Zeitung mit den Worten zitiert: „In den allermeisten, bestimmt auf 99 Prozent der Waldflächen, nutzen Wanderer, Jogger und Radfahrer den Wald komplett ohne Konflikte gemeinsam“
Warum also sehen Sie überhaupt Bedarf, die Bewegungsfreiheit der Radfahrer mit der Einführung des neuen Forstgesetzes weiter einzuschränken?
Sehr geehrter Herr Brück,
für Ihre Anfrage über das Internetportal Abgeordnetenwatch vom 5. Juli dieses Jahres, in der Sie sich kritisch über die Novellierung des Hessischen Forstgesetzes äußern, danke ich Ihnen.
Das Mountain - Biking im Wald hat in den vergangenen Jahren eine starke Entwicklung genommen und neue Anforderungen für alle Beteiligten mit sich gebracht. Zunächst möchte ich Ihnen versichern, dass ich für die Ziele und die sportlichen Aktivitäten der Mountain - Biker große Sympathien habe - auch deshalb, weil ich selbst gern und viel Rad fahre. Ich halte es für sehr wichtig, dass über das grundsätzliche Wegeangebot hinaus attraktive Angebote für Biker vorhanden sind bzw. geschaffen werden.
Um das Radfahren und insbesondere das Radfahren mit Mountainbikes im Wald verträglich zu gestalten, ist es notwendig, den berechtigten Belangen der Forstwirtschaft, des Naturschutzes, der Jagd und der übrigen Waldbesucher Rechnung zu tragen. Nach derzeitiger Rechtslage auf Basis des Bundeswaldgesetzes und des Hessischen Forstgesetzes ist das Radfahren im Wald nur auf festen Waldwegen, nicht aber auf schmalen Waldpfaden gestattet. Diese bereits seit Jahrzehnten bestehende Regelung ist nicht mehr zeitgemäß und soll nach dem Gesetzentwurf den modernen Anforderungen des Freizeitverhaltens angepasst werden. Zurzeit stellt sie für sportlich ambitionierte Mountain-Biker eine Einschränkung und ein Hemmnis dar. Es ist uns daher ein Anliegen, den aktuellen Bedürfnissen der Mountain-Biker entgegenzukommen und den forstrechtlichen Rahmen transparenter, einfacher und eindeutig zu gestalten. Deshalb soll das neue Waldgesetz im Gegensatz zu der bisherigen Gesetzeslage ermöglichen, dass ein Befahren mit Mountain-Bikes im Waldbestand auch auf schmalen Pfaden erlaubt oder geduldet werden kann. Unter diesen Gesichtspunkten ist auch der von Ihnen zitierte § 15 des Gesetzentwurfs zu interpretieren: Unter einem "festen Waldweg" kann man sich einen Weg vorstellen, der bereits von einem Kleinst-PKW, wie beispielsweise einem Smart oder Polo, befahren werden könnte. Feste Waldwege sind nicht ausschließlich die geschotterten LKW befahrbaren Holzabfuhrwege. Feste Waldwege sind auch sogenannte "erdfeste Wege", also Wege, die nicht ausgebaut oder befestigt sind. Bei diesen erdfesten Wegen kommt es darauf an, in welchem Zustand sie sich – je nach Witterung und Jahreszeit – befinden.
Grundsätzlich gilt, dass die Novellierung des Hessischen Waldgesetzes mit dem Ziel vorbereitet wurde, auch der modernen Entwicklung des Mountain-Biking im Wald Rechnung zu tragen. Seit dem 27. Juni 2012 befindet sich dieser Gesetzentwurf in der Regierungsanhörung. Unter den angehörten Verbänden befinden sich im Übrigen auch der Hessische Radfahrerverband e.V. und die Deutsche Initiative Mountain Bike e.V. (DIMB). Mit Interesse sehen wir den im Anhörungsverfahren unterbreiteten Vorschlägen und Anregungen entgegen, um am Ende eine für alle Beteiligten tragfähige Lösung zu erzielen.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina M. Wiesmann