Frage an Bettina Hagedorn von Jens H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Frau Hagedorn,
ich habe Fragen zur Sicherheit im Land.
Von den 2015 in Schleswig-Holstein aufgeklärten Wohnungsweinbrüchen, wurden nur 12% von deutschen Staatsbürgern verübt (siehe Link#1:).
Das bedeutet, dass 88% der Einbrüche von nicht deutschen Staatsbürgern verübt werden.
Da Sie zur Regierung gehören habe ich folgende Fragen an Sie.
Was denken Sie, warum Ausländer so stark bei Einbrüchen vertreten sind?
Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der Politik der Regierung und den Einbrüchen?
Wie auf der Web-Seite von Link#1 zu lesen ist, ist auch der Anteil von Asylanten an Einbrüchen erstaunlich hoch.
Ist es nicht besonders schäbig, wenn Asylanten Einbrüche bei denen begehen, die ihnen Schutz und Vollversorgung geben?
Wissen Sie, warum diese kriminellen Asylanten (ich meine damit die Asylanten, die kriminell auffällig geworden sind) weiterhin Asyl beanspruchen dürfen und damit weiterhin von der arbeitenden Bevölkerung die Vollversorgung finanziert bekommen?
MFG
Jens Helmcke
Sehr geehrter Herr Helmcke,
auf Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch antworte ich Ihnen gern.
Sie beziehen sich in Ihrem Brief auf eine Veröffentlichung des Landesinnenministeriums zur Statistik der „aufgeklärten Wohnungseinbrüche in Schleswig-Holstein 2015“. Es ist einerseits zutreffend, wenn sie schreiben, dass 88 Prozent der Wohnungseinbrüche von ‚nicht-deutschen-Staatsbürgern‘ verübt wurden, aber es sind andererseits nach allen polizeilichen Erkenntnissen (bundesweit) eben NICHT sehr viele ausländische Einzeltäter, sondern die großen Fallzahlen werden durch einige wenige, in Gruppen gut organisierte Bandenmitglieder verübt, die arbeitsteilig vorgehen und hochkriminell sind. Diese Banden kommen erwiesenermaßen – das entspricht auch dem Lagebild des Bundeskriminalamtes (BKA), zuletzt veröffentlicht im September 2016 - überwiegend vom Balkan, zu einem sehr großen Teil aus Georgien und Rumänien – und damit eben gerade NICHT aus den Ländern, aus denen ganz überwiegend die Flüchtlinge kommen, die bei uns mit Frauen und Kindern Schutz vor Krieg, Terror und Gewalt suchen wie aus Syrien, Irak, Iran, Eritrea, Somalia oder Afghanistan.
Ob ich einen Zusammenhang zwischen der Politik der Regierung und den Einbrüchen sehe, fragen sie, Herr Helmcke … nein, sehe ich nicht, denn die organisierte Einbruchskriminalität wird von der Regierung mit aller Kraft bekämpft und den von Ihnen hergestellten Zusammenhang mit den zu uns kommenden Flüchtlingen gibt es erwiesenermaßen nicht. Unsere Polizei investiert einen großen Anteil ihrer Ermittlungstätigkeit in diese Tätergruppen, klärt die Diebstähle dieser organisierten Einbruchsbanden immer wieder erfolgreich auf und bringt die Täter vor Gericht – allerdings gibt es in ganz Deutschland bei Wohnungseinbrüchen insgesamt leider eine eher niedrige Aufklärungsquote und damit eine hohe Dunkelziffer.
Sie behaupten, dass „der Anteil von Asylanten an Einbrüchen erstaunlich hoch“ sei. Ich muss dieser Darstellung deutlich widersprechen – die Polizeistatistiken gehen von „sehr wenigen“ Asylbewerbern unter den ermittelten Einbrechern aus. Zur Erläuterung mag folgendes Zitat von Innenminister Stefan Studt anlässlich der öffentlichen Vorstellung der von Ihnen zitierten Statistik dienen: „Die Zahlen zeigen, dass einige wenige Zuwanderer vom Balkan maßgeblich für den Anstieg im Bereich der (Wohnungseinbruchsdelikte) WED-Zahlen verantwortlich sein dürften…. Doch klar ist auch: Wer als Tourist einreist, um in Deutschland Straftaten zu begehen, und dann nach der Festnahme ‚Asyl‘ ruft, ist hier fehl am Platze.“ Es ist Ihnen sicherlich bekannt, Herr Helmcke, dass Asylbewerber vom Balkan – alle dortigen Staaten wurden als „sichere Herkunftsstaaten“ von Bundestag und Bundesrat eingestuft – nahezu keine Chance auf Asyl haben. Das gilt auch für Georgien. Und Rumänien ist EU-Mitglied.
Mit Ihrer letzten Frage, Herr Helmcke, verknüpfen Sie dann allerdings mehrere Falschbehauptungen und Tatsachenverdrehungen – heutzutage sagt man ja „fake-news“ -, um der von Ihnen offensichtlich beabsichtigten latenten Hetze gegen Flüchtlinge eine scheinbare Grundlage zu geben – das empfinde ich persönlich als perfide. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass weder die Statistiken des Innenministeriums in Schleswig-Holstein noch die des Bundeskriminalamtes belegen, dass Asylbewerber überproportional im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung ihr Gastrecht durch Einbrüche und Diebstähle missbrauchen, sondern, dass in quasi mafiösen Strukturen organisierte Banden vom Balkan, aus Georgien, Rumänien und leider auch aus Polen und Deutschland (!) maßgeblich dafür verantwortlich sind (siehe Seite 26 des BKA-Berichts zur organisierten Kriminalität, der auf der Website des BKA unter „Bundeslagebilder Organisierte Kriminalität“ zu finden ist). Flüchtlinge in Deutschland werden eben NICHT häufiger „kriminell auffällig“ als Deutsche. Ich wünsche mir natürlich, dass alle Flüchtlinge das gewährte Gastrecht wertschätzen und gar nicht straffällig werden – aber gleichzeitig wäre diese Erwartung naiv, denn gute und schlechte menschliche Eigenschaften sind in allen Bevölkerungsgruppen gleichmäßig verteilt. In jedem Fall aber gibt es keinerlei Anlass für jedweden Generalverdacht gegenüber den Flüchtlingen, die bei uns sind.
Zu Ihrer Behauptung, dass „kriminelle Asylanten weiterhin Asyl beanspruchen dürfen und damit weiterhin von der arbeitenden Bevölkerung die Vollversorgung finanziert bekommen“, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass bereits mit dem sogenannten Asylpaket II, welches vor über einem Jahr am 17. März 2016 in Kraft trat, es stark vereinfacht wurde, straffällige Asylsuchende auszuweisen. Und das geschieht auch in all den Fällen, in denen Leib und Leben der Flüchtlinge in ihren Heimatländern nicht bedroht sind und es Abkommen mit diesen Ländern gibt, die eine Rückführung ermöglichen. Die Mehrzahl der Menschen reist dann im Übrigen freiwillig aus. Richtig ist allerdings auch, dass eine Ausweisung nach dem bei uns geltenden Recht – vor allem auch nach der Genfer Flüchtlingskonvention – nicht immer gleichbedeutend mit einer Abschiebung ist. Denn wo eine Gefährdung für Leib und Leben oder die willkürliche Inhaftierung drohen, da wird üblicherweise ein (befristetes) Bleiberecht ausgesprochen. Diese Praxis in Deutschland ist im Grundsatz zwischen allen demokratischen Parteien unbestritten.
Politischen Streit gibt es aktuell vor allem um Abschiebungen nach Afghanistan, das Innenminister De Maizière sogar zu einem „sicheren Herkunftsland“ erklären möchte. Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat sich als erstes Bundesland in Deutschland in diesem Winter geweigert, Flüchtlinge nach Afghanistan abzuschieben, was ich richtig finde – inzwischen sind mehrere Bundesländer unserem Beispiel aus gutem Grund gefolgt, denn nach seriösen Berichten des UNHCR (Flüchtlingswerk der UN) ist die Lage in Afghanistan seit einem Jahr eben deutlich unsicherer und gefährlicher geworden als sie zuvor war, als noch fast jeder 2. Asylantrag eines afghanischen Flüchtlings in Deutschland vom BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in der Zuständigkeit von De Maizière) positiv beschieden wurde. Unbestritten ist allerdings auch, dass die Genfer Konvention keine Anwendung findet, wenn die Person aus schwerwiegenden Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Allgemeinheit darstellt. Im Übrigen liegt derzeit (aufgrund des Terroranschlags in Berlin und der Erkenntnisse dazu) das „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ (Drucksache 18/11546) vor, das eine straffere und konsequentere Durchsetzung von Abschiebeverfahren bzw. eine „vorsorgliche“ Inhaftierung speziell bei so genannten „Gefährdern“ vorsieht, die allerdings sehr klar als Terrorverdächtige und Gewaltbereite von den Behörden identifiziert sein müssen. Mit ihrer Anfrage, die sich ja ursächlich um Einbruchsdelikte rankte, hat all dieses natürlich nichts zu tun.
Da Sie mich als Teil der „Politik der Regierung“ ansprechen, möchte ich nicht versäumen darauf ergänzend hinzuweisen, dass es der Haushaltsausschuss war, in dem ich seit 8 Jahren als stellvertretende Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion wirke, der im November 2016 3.500 neue Stellen für die Bundespolizei und 820 Stellen für das Bundeskriminalamt bewilligt hat. Bereits im November 2015 hatten wir 3.000 zusätzliche Stellen bei der Bundespolizei beschlossen und in beiden Jahren auch unseren Verfassungsschutz – der im Kampf gegen die organisierte Kriminalität ebenso wie beim Schutz vor terroristischer Gefahr im Inland eine sehr wichtige Rolle spielt – mit hunderten von zusätzlichen Personalstellen gestärkt. Ich denke, dass diese Politik wirkungsvoll und angemessen auf die aktuellen Gefährdungen reagiert und gleichzeitig unsere Demokratie im Kern schützt.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn