Frage an Bernhard Kaster von Knut S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kaster,
aufgrund eines Berichtes in der heutigen Zeit Online habe ich mir die PDF-Datei des Bundestages heruntergeladen, in welcher die Lobbiyisten aufgeführt sind, die über ein Mitglied des Bundestages ihre Ausweise erhalten haben, statt über das "normale" Verfahren.
http://docs.dpaq.de/10031-gesamtliste_pgf_18_wp_-20_11_15.pdf
Hierbei ist mir aufgefallen, dass (ohne nachzuzählen) 90-95% aller Ausweise an Lobbyisten von Ihnen verteilt wurden.
Meine Frage an Sie ist nun, wie Sie diese immens hohe Anzahl rechtfertigen? Gibt es hier grundsätzliche Überzeugungen? Oder halten Sie die Anliegen all der begünstigen Lobbyisten in jedem Einzelfall für besonders relevant?
Worin besteht Ihre Motiviation für eine derart massive Ausweisvergabe vorbei an dem eigentlich dafür vorgesehenen Weg?
Vielen Dank für Ihre Antwort,
mit freundlichen Grüßen,
Knut Singer
Sehr geehrter Herr Singer,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 30. November 2015.
Da mich in den vergangenen Tagen viele Anfragen zu den Zutrittsregelungen zum Deutschen Bundestag erreicht haben, möchte ich gerne auf diesem Wege das Verfahren erklären.
Mit seinem Beschluss vom 20. November 2015 hat das Oberverwaltungsgericht Berlin–Brandenburg in einem Rechtsstreit zwischen der Bundestagsverwaltung und einem Journalisten entschieden, dass der Bundestag mitteilen muss, an welche Institutionen mit Beteiligung einer Fraktion im Deutschen Bundestag ein Hausausweis ausgegeben wurde.
Die Sicherheitsbeauftragten der im Bundestag vertretenen Fraktionen – ich bin der Sicherheitsbeauftrage der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag – wurden für die Ausstellung eines Hausausweises immer dann beteiligt, wenn ein solcher Hausausweis nicht über die sogenannte Verbändeliste des Bundestages ausgegeben werden kann. Wie es der Name schon vermuten lässt, können sich in diese Liste nur Verbände aufnehmen lassen: Von der Naturschutzorganisation bis zum Industrieverband. Diese Hausausweise sind nur für ein Jahr gültig (vom 1. März bis Ende Februar des Folgejahres). Dieses gesamte Verfahren steht in den Zugangs- und Verhaltensregeln für den Bundestag.
Keine Möglichkeit auf einen solchen Hausausweis über die Verbändeliste haben beispielsweise die Mitarbeiter der Parteien, Stiftungen, der Kirche oder Unternehmen, also zum Beispiel auch nicht die ehemaligen Staatsunternehmen wie die Deutsche Post, die Deutsche Telekom oder die Deutsche Bahn. Keine Möglichkeit auf einen Hausausweis über die Verbändeliste gibt es zudem, wenn das Verbandskontingent dort schon erschöpft ist. Jeder registrierte Verband kann nur 5 Ausweise erhalten, das genügt bei großen Verbänden wie beispielsweise dem DGB oftmals nicht. In diesen Fällen waren die Fraktionen auch bei Hausausweisen für Verbände beteiligt.
Die Mitwirkung der Fraktionen an dem Genehmigungsverfahren wurde bislang als parlamentarisch angesehen und bestand in der Abgabe eines Votums zu möglichen Bedenken hinsichtlich des jeweiligen Antragstellers.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaster MdB