Bernd Wimmer
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ÖDP
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Frage von Günther Z. •

Frage an Bernd Wimmer von Günther Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wimmer,

diese EU-Wahlen sind die vorerst letzten ohne Prozenthürde.
Frage:
Wenn es künftig um das Überspringen der 5 %-Hürde im Bund oder den Ländern geht ... würden Sie ein Bündnis aus "kleinen" Parteien befürworten, wenn:
1.
alle BündnisPartner so bleiben können, wie sie es möchten (also keine Verschmelzung stattfindet, sondern "nur" Kooperation auf Basis gemeinsamer Grundwerte erforderlich ist),
2.
es einen juristisch einwandfreien Weg gibt, mit einer "gemeinsamen Liste" zur Wahl anzutreten (also GG, PartG, BWahlG u. ä. Vorschriften berücksichtigt werden)
3.
die reelle Chance besteht, mit mindestens einem/einer Abgeordneten im Parlament vertreten zu sein (je nach Zuspruch/Wahlerfolg auch mehr) ?

Mit freundlichen Grüßen
G. Z.

Bernd Wimmer
Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Z.,

ich stehe Parteienbündnissen, die nach jetzigen Wahlrecht nicht möglich sind, sehr kritisch gegenüber.

Vor allem deswegen, weil ein Wahlerfolg kleiner Parteien hierzulande vor allem deshalb schwierig ist, weil das Politik/Medien/Wirtschaftssystem kleine Parteien grundsätzlich schwer benachteiligt. Vor allem hinsichtlich der Parteienfinanzierung: es gibt keine Obergrenze für
Wahlkampfausgaben, zu wenig Transparenz bei Firmenspenden an Parteien und diese sind ungleich verteilt; Konzerne spenden an die großen Parteien, die in ihrem Sinne Politik machen. Die Medien benachteiligen aus verschiedenen Gründen kleine Parteien massivst in Deutschland. Bei Parteienbündnissen von Klein- und Kleinstparteien blieben diese Benachteiligungen im Grundsatz weiter bestehen. Zudem sind halbwegs erfolgreiche Kleinparteien oft Ein-Themen-Parteien. Untereinander, und evtl. mit Programmparteien wie der ÖDP, würden diese zusammen schwer auf einen Nenner kommen inhaltlich.

In der Politik ist 1 plus 1 leider nicht 2. Bedeutet, wenn einige Parteien zusammengehen würden, wäre ein gemeinsamer Wahlerfolg aus verschiedenen Gründen nicht garantiert. Auch aus diesem Grund treten beispielsweise CDU und CSU getrennt an.

Die ÖDP arbeitet auf kommunaler und europäischer Ebene bereits mit anderen Parteien zusammen: in München gibt es eine Ausschussgemeinschaft ÖDP/Linke, in Münster ÖDP/Piraten und im Bezirkstag Oberbayern ÖDP/Tierschutzpartei, um nur einige Beispiele zu nennen. In Europa hat sich die ÖDP der Fraktion Greens/EFA angeschlossen.

Meine Forderung ist, Prozenthürden grundsätzlich abzuschafffen auf allen politischen Ebenen und nur effektive Hürden einzuführen, also in Abhängigkeit von der Anzahl der zu vergebenden Sitze, so wie aktuell bei der Europawahl oder bei bayerischen Kommunalwahlen. Dies hat nirgends, entgegen mancher Vorurteile, zu Unregierbarkeit geführt.
Parteienvielfalt bereichert vielmehr die parlamentarische Arbeit. Und vor allen Dingen werden Parteien an den extremen politischen Rändern geschwächt, weil Proteststimmen zu Kleinparteien wandern. Wenn man aktuelle Umfragen zur Bundestagswahl und zur Europawahl vergleicht, wird dies offensichtlich.

Im übrigen wurde die 5% Sperrklausel bei Europawahlen vermutlich auch wegen der Schwäche der "CSU" abgeschafft: denn ca. 40% in Bayern bedeuten etwas über 5% bundesweit.

In der Diskussion für die Europawahl 2024 ist eine 2% oder 3%-Hürde, die aber willkürlich ist. Ich bin optimistisch, dass es bei der am kommenden Sonntag geltenden Regelung bleibt. Ich kann Ihnen versichern, dass die ÖDP entsprechend reagieren wird, wenn eine Prozenthürde bei Europawahlen wieder eingeführt werden sollte. Das Bundesverfassungsgericht hat ja
bereits entschieden und gut begründet, warum bei Europawahlen eine Prozenthürde rechtlich nicht haltbar und undemokratisch ist.

Bei Bundestagswahlen müsste man Neuregelungen im Einzelfall genau prüfen. Wie Sie richtig feststellen, gibt es hierzu verschiedene Möglichkeiten. Ich denke aber, dass etwas in dieser Art nicht eingeführt werden wird, einfach weil es am notwendigen Druck auf die etablierten
Parteien, die gesetzgeberisch am Ruder sind, fehlt und diese von sich aus überhaupt keine Notwendigkeit sehen, am Wahlrecht etwas zu ändern.
Falls aber am 26. Mai die kleineren Parteien kräftig zulegen sollten, dann hoffe ich auf eine breite Debatte über die Sinnhaftigkeit der 5% Hürde bei Bundestags- und Landtagswahlen.

Mit freundlichen Grüßen,
Bernd Wimmer