Frage an Bernd Westphal von ralf m. bezüglich Recht
Herr Westphal,
Ein Ministergremium mit Kanzler welches Grundrechte massiv beschränkt ist im Grundgesetz nicht vorgesehen und somit ja nicht Konvorm mit aktuellem Grundgesetz.
Was unternimmt die Fraktion SPD im Bundestag, um dem selbstherrlichen Führungsstil von Frau Doktor Merkel (hier Entscheidungsfindung bzgl. anstehender Corona-Maßnahmen) Einhalt zu gebieten da sie ja auch für das neue Infektionsschutzgesetz gestimmt haben?
Leider wird der Eindruck erweckt, als wäre Ihre Fraktion im Großen und Ganzen mit den ergriffenen Restriktionen einverstanden, trotz anstehender massenhafter Insolvenzen, und keine größere Kritik von Nöten, wenn mal wieder im Hinterzimmer bei Beratungen mit den Landesfürsten die Zügel angezogen werden.
Gibt es innerhalb der Fraktion Konsens zu den aufgeworfenen Fragen?
Holen Sie als Fraktion Fachwissen von außerhalb des Parlamentes ein- auch von Skeptikern/Kritikern der (mal wieder) alternativlosen Maßnahmen der Exekutive?
Sehr geehrter Herr Moors,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie haben natürlich Recht, dass einige Grundrechte in der aktuellen Pandemie eingeschränkt wurden. Das Grundgesetz ist die größte Errungenschaft unserer Demokratie. Sie können sich sicher sein, dass wir als SPD genau darum wissen und deshalb besonders darauf achten. Deswegen muss jede Einschränkung eines solchen Grundrechts genau überlegt, abgewogen und auch gut begründet sein. Diese Einschränkungen müssen bestimmte Bedingungen erfüllen.
Wir müssen Abwägen zwischen Schutz der Gesundheit aller Bürgerinnen und Bürger und den Freiheits- und Grundrechten.
Zum einen müssen solche Einschränkungen der Grundrechte auch zur jeweiligen Situation passen. In der aktuellen Pandemie ist das oberste Ziel dieser Maßnahmen die Verbreitung von SARS-CoV-2 zu stoppen und das Gesundheitssystem zu stärken. Wenn in einem sehr kurzen Zeitraum viele Menschen erkranken, kann das zu einer Überlastung unserer Krankenhäuser führen. Behandlungsplätze für schwer kranke Menschen können z.B. dadurch fehlen. Bilder wie wir sie zurzeit aus Großbritannien sehen, haben wir hier in Deutschland zum Glück noch nicht.
Das Infektionsschutzgesetz ist erweitert und konkretisiert worden. Damit hat der Bundestag die Anwendung demokratisch legitimiert. Der Paragraph 28 regelt z. B. dass Behörden in Deutschland notwendiges tun dürfen, solange und soweit es dabei hilft, die Verbreitung einer Krankheit zu verhindern. Hierbei ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip von großer Bedeutung. Diese Corona-Regeln müssen geeignet, erforderlich, angemessen und erlaubt sein, um dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu entsprechen. Das Bundesverfassungsgericht schreitet ein, wenn Grundrechte unerlaubt eingeschränkt werden. Am Beispiel der Versammlungsfreiheit konnte man gut sehen, dass die Gewaltenteilung funktioniert. Das Bundesverfassungsgericht hat den Bundestag aufgefordert Gesetze zu korrigieren, wenn Grundrechte zu sehr oder ohne ausreichender Begründung eingeschränkt werden.
Selbstverständlich überprüft meine Fraktion und damit auch ich, jede einschränkende Maßnahme auf die genannten Eigenschaften. Dazu ziehen wir auch unterschiedliche Sachverständige und Wissenschaftler als Ratgeber hinzu. Die abschließende Entscheidung muss jedes Mitglied des Bundestages selbst treffen und verantworten. Und Sie können mir glauben, dass wir als Abgeordnete im Moment enorme Verantwortung tragen.
Keiner von meinen Kolleginnen und Kollegen möchte die Grundrechte einschränken. Nur wo es die einzige Möglichkeit ist, tragen wir solche Entscheidungen mit, da sie dem Allgemeinwohl dienen. Wobei jedes Bundesland im Rahmen des Föderalismus selbst über die Art und Weise der Einschränkungen bzw. Maßnahmen entscheidet und auch unterschiedlich umsetzt.
Als wirtschaftspolitischer Sprecher meiner Fraktion verfolge ich die wirtschaftliche Entwicklung der Betriebe und Unternehmen mit großem Interesse und Sorge. Um den wirtschaftlichen Schaden abzufedern und der Wirtschaft aus der Krise zu helfen, haben wir in der großen Koalition das größte Konjunkturpaket der Nachkriegsgeschichte in Milliardenhöhe auf den Weg gebracht. Ob Kinderbonus, Senkung der Mehrwertsteuer oder Sofort- und Überbrückungshilfen für Betriebe, Selbstständige und Solo- Selbstständige. Vor allem haben wir mit dem Kurzarbeitergeld die Arbeitsplätze gesichert. Die Corona-Hilfen der Bundesregierung werden kontinuierlich nachjustiert und angepasst. So wurde z.B. die Überbrückungshilfe nochmal erweitert und bis Ende Juni 2021 verlängert. Auch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags führt zur Entlastung von 90% der Steuerzahler.
Bezüglich ihrer letzten Frage kann ich Ihnen versprechen, dass wir innerhalb der Fraktion jede Maßnahme und Regelung diskutieren und uns verschiedene Meinungen einholen. Interne und externe Experten werden regelmäßig zu Rate gezogen und deren Expertise in der Fraktion diskutiert.
Ich hoffe ich konnte einige Ihrer Fragen beantworten. Bleiben Sie gesund.
Ihr Bernd Westphal