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Frage von Ursula N. •

Frage an Bernd Scheelen von Ursula N. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Scheelen,

in den letzten Tagen wird heftig über das Thema Jugendgewalt debattiert.

Was mich an dieser Debatte stört ist, dass immer wieder die Gedanken um diejenigen kreisen, die sich offenbar schwierig bis gar nicht in der Gesellschaft einordnen können.

Weniger Gedanken verwendet man offenbar an die Menschen, die täglich ihre Arbeit tun und diese Gesellschaft durch ihre Abgaben tragen. Diese müssen oft um ihr Einkommen bangen und ihre Rechte werden auch von Sozialdemokraten unter dem Druck der Wirtschaft mehr und mehr demontiert.

Inwieweit werden in Deutschland nicht nur Problemkinder sondern auch solche gefördert, die sehr begabt sind und somit brillante Aussichten auf einen Hochschulabschluss haben? Eine meiner Töchter hat ein Abitur von 1.0 und erfährt leider nicht die Aufmerksamkeit, die sie erführe, wenn sie sich zur Schlägerin entwickelte. Keiner wendet sich an sie und fragt, ob man ihr behilflich sein könne. Ein Stipendium, welches in Deutschland bei Weitem nicht die Auswirkungen wie z. B. in den USA hat, muss erst "erkämpft" werden.

Mein jüngere Tochter studiert und erhält nicht einmal BaFöG weil € 1.600,00 Nettogehalt der Mutter und Frührente des Vaters als genügend angesehen werden, um zwei studierende Kinder finanziell zu unterstützen.

Fokussiert die Gesellschaft nicht zu sehr auf diejenigen, die offenbar null Bock haben? Und müssen deren Eltern auch für die Kosten der kriminellen Karriere ihrer Kinder aufkommen oder müssen Eltern nur dann für ihre Kinder aufkommen, wenn diese einen gesellschaftsfähigen Weg gehen wollen?

Gerne sehe ich Ihrer Nachricht entgegen.

Vielen Dank und freundliche Grüße
Ursula Nurkowski

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Nurkowski,

Sie schreiben mir zur aktuellen Debatte über die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen. Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen erfahren dabei besondere Aufmerksamkeit. Sie kritisieren, dass gleichzeitig die Probleme von Leistungsträgern nicht ausreichend thematisiert werden.

Es stimmt, dass die durch Roland Koch und die Medien produzierte Aufregung über Jugendkriminalität von wichtigen Themen ablenkt und ablenken soll. Dazu gehört, dass jedes Kind, egal welcher sozialer Herkunft, die bestmögliche Bildung erhalten muss. Statt schärfere Strafgesetze zu fordern, hätte die hessische CDU in ihrer Regierungsverantwortung dafür sorgen können, dass Kindern und Jugendlichen Perspektiven eröffnet werden. Bildung und die Vermittlung von Werten sind zentrale Bausteine der Gewalt-Prävention.
Unsere Gesellschaft braucht dringend gut ausgebildete Jugendliche. Ihre Töchter haben sich mit ihren Leistungen auf eine erfolgreiche berufliche Laufbahn vorbereitet. Das freut mich und ich teile Ihre Auffassung, dass sie es verdient haben im besten Umfang gefördert zu werden.
Ein Stipendien-System, wie in den USA, wäre jedoch nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragbar. Die Bildungssysteme hier und dort sind doch sehr verschieden. In den Vereinigten Staaten müssen Studenten ihr Hochschulstudium in erheblich teurerem Umfang voll finanzieren, als es bei uns der Fall ist. Dort entscheidet vor allem der Geldbeutel der Eltern über den Zugang zur Hochschulbildung. Über privat finanzierte Stipendien wird besonders begabten Schulabgängern, deren Familien nicht über die nötigen finanziellen Voraussetzungen verfügen, ermöglicht, eine Universität zu besuchen.
Das deutsche Hochschulsystem finanziert sich dagegen vor allem über Steuern und will grundsätzlich allen Schulabgängern mit Hochschulreife den Zugang ermöglichen. Mit den Studiengebühren haben die Unions-geführten Bundesländer allerdings eine schlechte Entwicklung in Gang gesetzt. In Zukunft wird es normal oder gering verdienenden Familien immer schwieriger gemacht, einem Kind den Hochschulzugang zu ermöglichen. Die SPD wird sich aber weiterhin dagegen wehren, dass der Geldbeutel über die Bildungschancen entscheidet. Ein Beispiel unserer Bildungs-Initiativen ist die im Dezember beschlossene BAföG-Erhöhung. Wir haben unser Wahlkampversprechen eingehalten und erhebliche Verbesserungen im BAföG umgesetzt. Die Erhöhung der Bedarfssätze um zehn Prozent und der Freibeträge um acht Prozent erfolgt zum Wintersemester 2008/09. Auch die Hinzuverdienstobergrenze wird dann auf 400 Euro im Monat angehoben.

Bitte grüßen Sie Ihre Töchter. Ich wünsche beiden alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Bernd Scheelen