Portrait von Bernd Scheelen
Bernd Scheelen
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Bernd Scheelen zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Marcel W. •

Frage an Bernd Scheelen von Marcel W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Scheelen,

Vor wenigen tagen wurde in München ein Rentner in einer U-Bahn station brutal zusammengeschlagen. Laut der Presse wurde von den Tätern der Satz "Scheiss Deutscher" geäußert. Auch ich habe dies in meiner bisherigen Schullaufbahn schon mehr als oft gehört. Als junger Krefelder muss und kann ich mich bei diesem Thema nicht enthalten. In Situationen in denen Sinnlose gewalt ausgeübt wurde war ich auch verwickelt und kann leider bestätigen das sehr oft junge Ausländer der Auslöser waren. Ob es das Sporadische "Handy Abziehen" ist oder Leute einfach sinnlos verprügelt wurden, weil eine gruppe "Gangster" einfach Bock hatten jemanden zu "Boxen".

Ich war Schüler der Kurt Tucholsky Gesamtschule. Eine schule mit sehr hohem Ausländeranteil. Ich hatte viele Ausländische freunde und habe auch viel mit ihnen über dieses Thema gesprochen, da es nicht erst seit einer Woche ambach ist. Dabei bekam ich auch von ausländischen freunden, viel zuspruch. Freunde mit denen ein normales gespräch auch über ein solch heikles Thema stets vernünftig verlief obwohl sie einer solchen "minderheit" angehörten.

Bitte machen sie sich doch ein Bild davon welche umgangsform in einer neunten Klasse einer normalen Gesamtschule herrscht und bilden sich eine aktuelle meinung.

Frauenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft sowie Beleidigungen sind alltäglich. Diese vereinfachung und verblödung wird als "Cool" wahrgenommen. Für jugendliche ist das Thema "Leitkultur" ganz ohne politische debatte entschieden worden.

Es ist sehr traurig das Ein populistischer Roland Koch dieses Thema jetzt missbraucht um seine Wahlkampfstrasse zu Teeren.

Warum wurden diese Themen von den Sozialdemokraten so häufig runtergespielt bzw. vernachlässigt ?

Warum erst JETZT die Frage WAS man unternimmt ?

Wie stehen sie Persönlich zu diesem Thema ?

Würden sie die Integration in anbetracht der Tatsachen der Kriminalitätsrate und dem zusammenhang mit Jungen migranten als erfolgreich betrachten ?

Mit freundlichen Grüßen

Portrait von Bernd Scheelen
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weiser,

in Ihrer Frage vom 03.01.08 kritisieren Sie, dass die SPD das Thema Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen runterspielt bzw. vernachlässigt. Dem kann ich nicht zustimmen. Vielmehr eignet sich dieses Thema nicht für populistische Alleingänge a lá Koch. Dieser gibt mit seiner jüngsten Initiative auch keine Lösungen gegen das Entstehen von Gewalt. Für die SPD sind diese Entwicklungen die Spitze eines Problems, das nicht alleine durch die ethnische Herkunft von einigen Tätern erklärt werden kann. Dafür gibt es auch bei deutschen Jugendlichen, insbesondere in der rechtsradikalen Szene, zu viele Gewalttaten die dieser These widersprechen.

Zurzeit werden, wie Sie mir bestätigen, gewalttätige Übergriffe von Jugendlichen kurz vor einer Landtagswahl zum vermeintlichen Topthema gemacht. Aus wahltaktischen Überlegungen mag dies für Herrn Koch das lange gesuchte Thema sein, um von seinen politischen Versäumnissen der letzten Jahre abzulenken.

Unstrittig ist, dass ein Vergehen, wie es sich in München zugetragen hat, hart bestraft werden muss. Wenn dies häufig nicht passiert liegt es vielmehr an einer aufgrund von Personalmangel überstrapazierten Justiz. Hier wird auch die Scheinheiligkeit des hessischen Ministerpräsidenten Koch deutlich. Seit 2003 wurden annähernd 1200 Polizeistellen abgebaut und über 130 Stellen bei Richtern und Staatsanwälten. Hinzu kommt, dass sämtliche Mittel für Präventionsmaßnahmen gestrichen wurden. Die mangelnde Umsetzung bereits bestehender Gesetze ist das reale Problem, an dem Herr Koch maßgeblich Mitverantwortung trägt.

Eine Gewalttat wird nicht durch härtere Vollzugsgesetze verhindert. Die Ursachen dafür müssen bereits im Vorfeld erkannt und gelöst werden. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass die soziale Herkunft und eben nicht die von Herrn Koch beschriebene ethnische Herkunft eine Rolle spielt. Es ist nicht richtig, Jugendlichen wegen ihres Migrationshintergrundes an den Pranger zu stellen. Richtig ist, dass diese Jugendlichen zumeist aus einem sozial problematischen Umfeld stammen, in dem fundamentale Eigenschaften wie eine gute Bildung und wertebewußte Erziehung häufig nicht vermittelt werden können. Damit nimmt eine tragische Entwicklung bis zu einer möglichen Gewalttat oft seinen Lauf. Diesen Kreis muss man durchbrechen.

Die SPD hat auf ihrem letzten Parteitag den vorsorgenden Sozialstaat zu einem Leitmotiv ihres Grundsatzprogramms gemacht. Darin wird deutlich, dass die Funktionsfähigkeit und der Wert einer Gesellschaft sich im Besonderen durch den Zugang zur Bildung definieren. Wir müssen allen Menschen in unserem Staat die bestmöglichen Bildungschancen eröffnen, damit jeder in einer Generation die Möglichkeit hat, sich aus seiner möglicherweise prekären Lage oder Herkunft „heraus“ emanzipieren zu können.

An dieser Linie orientiert sich sozialdemokratisches Handeln. Man kann sich nicht auf reine ordnungspolitische Maßnahmen zurückziehen. Dies würde für mich die Kapitulation vor Herausforderungen in unserer Gesellschaft bedeuten, denen sich die Politik in unserem Land stellen muss. Roland Kochs Vorschläge sind reine wahltaktische Täuschungsmanöver und indirekt ein Eingeständnis seines Versagens als Ministerpräsident.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd Scheelen