Frage an Bernd Scheelen von Ernstpeter K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Scheelen,
Industrie und alle Bundesbürger müssen sich an bestehende Verträge halten. Nur Regierungen sind berechtigt seine Bürger zu verhöhnen und bestehende Verträge durch Gesetzesänderungen zu brechen.
Für eine in 1985 abgeschlossene Direktversicherung, die politisch gewollt, steuerlich bevorzugt wurde, änderte man mehrmals die Steuerbedingungen. Wirksam zum 1.4.2004 kam dann der Knaller: Der ausgezahlte Lebensversicherungsbetrag wurde mit einer Laufzeit von 10 Jahren krankenkassenbeitragspflichtig.
Damit zahle ich in 10 Jahren als Rentner zusätzlich 6.400.- € an die Krankenkasse. Wohl dem, der nicht an seitens der Regierungen angebotene Verträge glaubt. Ein Sparvertrag wäre erfolgreicher gewesen. Wie ist Ihre Meinung dazu ?
Mit freundlichen Grüßen
E.Kattelmann
Sehr geehrter Herr Kattelmann,
Sie kritisieren, dass durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG), welches der Deutsche Bundestag 2003 mit großer Mehrheit verabschiedet hat, die Beitragsfreiheit Ihrer Direktversicherung beseitigt wurde.
Das GMG verlangt den Versicherten, die für ihre betriebliche Altersversorgung eine Kapitallebensversicherung mit „Einmalzahlung“ abgeschlossen haben, einen Solidarbeitrag ab. Die Neuregelung sollte dazu beitragen, die Unterdeckung in der Krankenversicherung der Rentner zu verringern:
Wir mussten entscheiden, ob wir Rentnern, die über eine Zusatzversorgung verfügen, eine zusätzliche Belastung zumuten können. Dabei war uns bewusst, dass nicht jeder, der eine Zusatzversorgung hat, finanziell stark ist. Aber er ist finanziell stärker als derjenige ohne zusätzliche Versorgungsleistung. Die damals vorliegenden Daten zeigten, dass im Jahre 2002 die Krankenkassen für jeden Rentner im Durchschnitt 3.907 € aufgewandt haben. Ihre durchschnittlichen Beitragseinnahmen je Rentner beliefen sich demgegenüber auf lediglich 1.716 €. Damit deckten die Beitragszahlungen der Rentner 2002 knapp 44 Prozent ihrer Leistungsausgaben. 1973 finanzierten die Rentenversicherungsträger, die bis 1983 den gesamten Beitrag für die Krankenversicherung der Rentner zahlten, die Gesundheitskosten der Rentner hingegen noch zu gut 70 Prozent.
Diese Gegenüberstellung macht deutlich, dass die Gesundheitsausgaben für die ältere Generation in deutlich steigendem Umfang von der erwerbstätigen Generation finanziert wurden und werden. Die jüngere Generation hilft der älteren Generation also, die finanziellen Lasten ihres höheren Krankheitsrisikos zu tragen. An diesem Ausgleich zwischen den Generationen halten wir grundsätzlich fest. Jedoch ist die stetig wachsende Deckungslücke in der Krankenversicherung der Rentner eine der Ursachen für die Beitragserhöhungen der Krankenkassen in den letzten Jahrzehnten.
Wir hatten uns deshalb dafür entschieden, die Rentner verstärkt zur Beitragszahlung heranzuziehen, deren gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine Mehrbelastung zulässt. Das ist offenbar der Fall, wenn zusätzliche Einkünfte aus Versorgungsbezügen - hier in Form einer Lebensversicherung mit Kapitalabfindung - erzielt werden.
Diese Neuregelung war Teil des Ende 2003 zwischen unserer Regierungskoalition und dem Unions-dominierten Bundesrat ausgehandelten Kompromisspakets zur Gesundheitsreform. Sie verletzte nach Einschätzung von Fachleuten nicht den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Auch das Bundessozialgericht hat in ständiger Rechtsprechung die Einbeziehung von Direktversicherungen mit Einmalzahlung in die Beitragsbemessungsgrundlage für zulässig erklärt. Seine Entscheidungen hatte es damit begründet, dass das Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung vom Prinzip des solidarischen Ausgleichs zwischen finanziell schwachen und finanziell starken Mitgliedern geprägt werde. Die von Ihnen angemahnte Vertragstreue ist ein hohes Gut und Steuerbedingungen oder Beitragssatz-Regelungen werden nur nach intensiver Debatte und Abwägung und mit gutem Grund geändert. Wenn der Gesetzgeber jedoch nicht das exklusive Recht besäße, derartige Änderungen zu beschließen, wäre politisches Handeln faktisch ausgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Scheelen