Frage an Bernd Reinert von Andreas K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Reinert,
Ich habe eine Frage bezüglich der durch die CDU-Fraktion verabschiedete Stellungnahme der Bürgerschaft zur Veränderung der Volksgesetzgebung.
Es sei dahin gestellt, ob die Stellungnahme populistisch ist, oder nicht. Die Stelltungnahme ist auf jeden Fall einseitig und parteiisch. Die Bürgerschaft besteht jedoch nicht nur aus der CDU-Fraktion, auch wenn diese die Mehrheit hat. Die SPD und GAL unterstützen den VOlksentscheid. Daher stelle ich mir die Frage, ob es nicht - auch bzw. vor allem aus einer demokratischen Gepflogenheit heraus - besser wäre, eine Stellungnahme der Bürgerschaft zu verabschieden, die 1. aufruft, zur Wahl zu gehen und 2. sich darauf beschränkt, die Gründe der Befürworter und Gegner sachlich aufzulisten. Hinsichtlich der Parlamentswahl beschränkt sich die Bürgerschaft darauf, die Bürger zu informieren und sicherlich aufzurufen, sich an der Wahl zu beteiligen, sie macht aber keine einseitige Wahlwerbung.
Die CDU sollte sicherlich ihre Meinung deutlich machen (wobei ich die Bedenken Ihrer Partei begrenzt nachvollziehen kann), aber nicht den Namen der Hamburgischen Bürgerschaft instrumentalisieren, wenn nicht gar mißbrauchen, um die eigenen Ziele durchzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Kegel
Sehr geehrter Herr Kegel,
in dem von Ihnen angesprochenen Punkt sind Bürgerschaftswahlen und Volksentscheide nicht vergleichbar. Vor einer Wahl versendet der Landeswahlleiter lediglich die Wahlbenachrichtigung an die Wählerinnen und Wähler, aber keine Parteiprogramme o.ä. - bei einem Volksentscheid wird nach§ 19 Abs. 2 des Volksabstimmungsgesetzes verfahren:
"Jede wahlberechtigte Person erhält mit der Abstimmungsbenachrichtigungskarte ein Informationsheft, in dem die Bürgerschaft und die Initiatoren der Volksinitiative in gleichem Umfang Stellung nehmen. Die Bürgerschaft nimmt als Ganze oder nach Fraktionen getrennt Stellung. Der Anteil der Stellungnahmen der Fraktionen an der gesamten Stellungnahme der Bürgerschaft entspricht der Sitzverteilung der Fraktionen in der Bürgerschaft."
Auf diese Weise werden die Abstimmungsberechtigten über die Inhalte des Volksentscheids aus der Sicht der Initiatoren informiert, und ebenso kann man dort die Stellungnahmen der Bürgerschaftsfraktionen finden - würde man diese Inhalte durch einen "neutralen Dritten" erstellen lassen, ergäben sich sicher Streitigkeiten, ob nicht doch die eine Seite bevorzugt wird, ob nicht Argumente anders oder in anderer Reihenfolge dargelegt werden müssten und dergleichen mehr. Mit der jetzigen Regelung erreicht man, dass Befürworter und Gegner beide zu Wort kommen und jeder in eigenen Worten darstellen kann, worauf es ihm ankommt.
In der Praxis bedeutet diese Regelung, dass in aller Regel die Befürworter mehr Seiten der Broschüre zur Verfügung haben: in diesem Falle 24 Seiten für die Befürworter (Initiatoren, SPD und GAL) - die CDU, die den Volksentscheid ablehnt, hat 8 Seiten. Die Gründe für unsere Ablehnung können Sie unter www.cdu-hamburg.de nachlesen, sowohl in einer kurzen als auch in einer ausführlichen Fassung.
(Übrigens stammt die oben zitierte Regelung des § 19 Abs. 2 Volksabstimmungsgesetz aus einem Volksbegehren, welches die Bürgerschaft auf Vorschlag der CDU-Fraktion übernommen hat.)
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Reinert