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Frage von Nils B. •

Frage an Bernd Reinert von Nils B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag,
sie schreiben in ihrer Bürgerschaftsdrucksache, dass erheblicher "sozialer Druck" auf die Bürger ausgeübt worden ist. Da ich bei mehreren Initiativen selber gesammelt habe, würde ich gerne wissen, wie ich das angestellt habe. Außerdem schreiben sie, dass durch die Abkoppelung von Abstimmungen und Wahlen beide erheblich aufgewertet werden. Nun ist es in Hamburg so, dass die Wahlen zu den Bezirksparlamenten schon immer mit den Bürgerschaftswahlen zusammen stattgefunden haben, kann man daraus dann schließen, dass die Bürgerschaftswahlen in Hamburg, ihrer Meinung nach weniger Wert sind als in Bundesländern in denen Kommunalwahlen nicht gleichzeitig mit den Landtagswahlen stattfinden, dass wäre jedenfalls die logische Schlussfolgerung. Darüberhinaus erklären sie, dass in acht der 16 Länder ebenfalls lediglich auf den Ämtern Unterschriften abgegeben werden dürfen. Damit haben sie zwar recht, allerdings sollten sie dazu sagen, wie häufig es in diesen Ländern zu einem Volksentscheid kam. So gab es in Schleswig-Holstein seit dem dort 1990 die Volksgesetzgebung eingeführt wurde zwei Volksentscheide, allerdings ist es dort beim Volksbegehren auch sechs Monate lang möglich seine Unterschrift abzugeben. In Bayern kam es seit 1946 zu gerade einmal fünf Volksentscheiden und in allen anderen Ländern in denen sich nur auf Ämtern eingetragen werden darf, kam es zu keinem einzigen Volksentscheid. Vor diesem Hintergrund zu sagen, "keine Einschränkung bei der Volksgesetzgebung" ist ein glatte Lüge oder überagende Dummheit. Noch etwas wollte ich zu dem Argument, dass Geld gespart werden müsse anmerken. Wer bezahlt denn eigentlich die Beamten auf den Amtsstuben, die die Abgabe der Unterschriften überwachen oder liegen die Listen dort einfach nur aus, was ihr Datenschutzargument entwerten würde?
Schließlich noch eine grundsätzliche Frage: Wenn das Kostenargument bei demokratischen Verfahren eine Rolle spielt, dann muss ich danach fragen, ob es dann nicht konsequent wäre, Wahlen zukünftig nur noch per Briefwahl durchzuführen, ihrer Argumentation zufolge, ist es dem interessierten Bürger doch egal, wo er sich an der Demokratie beteiligt?
Mit der Hoffnung auf baldige Antwort
Nils Böhlke

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Böhlke,

der vom Senat vorgelegte Entwurf zur Änderung des Volksabstimmungsgesetzes geht zurück auf den Bürgerschaftsantrag der CDU - wir sehen die Änderungen als sinnvoll und notwendig. Zu den von Ihnen aufgeführten Punkten möchte ich anmerken, dass nicht Ihnen persönlich unterstellt wird, "sozialen Druck" bei der Sammlung von Unterschriften ausgeübt zu haben - aber sozialer Druck besteht dann, wenn bei einer Vereins- oder anderen Versammlung Listen kursieren, in die man sich eintragen möge.

Was die zeitliche Trennung von Wahlen und Volksabstimmungen betrifft, ist es meiner Überzeugung nach sinnvoll, einen Wahltag und einen Abstimmungstag zu haben, damit beiden Akten hohe Bedeutung zukommt und nicht der Volksentscheid zum "Anhängsel" allgemeiner Wahlen wird.

Bei der so genannten Amtseintragung führen Sie die Erfahrungen aus anderen Bundesländern an, aber Sie übersehen dabei, dass die Hamburger Beteiligungs- und Zustimmungsquoren für Volksbegehren und Volksentscheid bundesweit zu den niedrigsten gehören und damit weiterhin die Wahrscheinlichkeit für erfolgreiche Volksbegehren und Volksentscheide in Hamburg höher ist als anderswo, denn an den Quoren wird nichts geändert.

Die Amtseintragung wird im Regelfall vom vorhandenen Mitarbeiterstab der öffentlichen Dienststellen mit erledigt werden, zudem erleichtern die künftig mit zusätzlichen Angaben zu versehenden Einzelblätter (eben keine Listen! Wegen des Datenschutzes) die Überprüfung.

Der steigende Anteil von Briefwählern bei allgemeinen Wahlen wird auch Ihnen bekannt sein, und in Nordrhein-Westfalen werden Bürgerentscheide ausschließlich per Brief abgestimmt - aber so weit wie in NRW wollen wir nicht gehen: neben der Briefabstimmung wird es auch weiterhin am Abstimmungstag "Präsenzabstimmung" in den Bezirksämtern geben, aber man muss nicht mehr versuchen, ca. 11.000 freiwillige ehrenamtliche Wahlhelfer für 1290 Wahllokale zu finden, die sich einen ganzen Sonntag von früh bis spät der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Bitte fragen Sie doch einmal ein paar Wahlvorsteher, wie schwer es schon heute ist, Mitglieder für den Wahlvorstand zu gewinnen.

Ob Sie mit meiner Antwort inhaltlich zufrieden sind, weiß ich nicht. Zumindest habe ich im Gegensatz zu Ihnen darauf verzichtet, jemandem "überagende Dummheit" zu bescheinigen.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Reinert