Frage an Bernd Reinert von Gerhard H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Reinert,
da ich Ihnen unterstelle, Demokrat zu sein, würde ich gerne wissen, welches Gefühl Sie überkommt, wenn Sie mit nur 60 Kollegen den erklärten Willen von mehr als 3/4 des Volkes vom Tisch wischen?
Mit demokratischem Gruß und der Hoffnung, dass das Volk Herr seiner selbst werden möge
Gerhard Heimsath
Sehr geehrter Herr Heimsath,
auch ich unterstelle mir, Demokrat zu sein, und unverzichtbarer Teil der Demokratie ist die Gewaltenteilung, aus der u.a. die Kompetenz des
Verfassungsgerichts herrührt, in Organstreitigfällen zu entscheiden. Und hier haben wir einen solchen Organstreit: das Recht zur Gesetzgebung steht gleichrangig dem Volk und dem Parlament zu, und nach dem Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts wissen wir definitiv, dass hier
"konkurrierende Gesetzgeber" Volk und Parlament tätig sind, d.h. dass das Volk Bürgerschaftsbeschlüsse aufheben oder korrigieren kann und dass die Bürgerschaft umgekehrt Volksentscheide aufheben kann.
Letzteres hat die Bürgerschaft nunmehr getan, wobei sie nichts "vom Tisch gewischt", sondern sehr sorgfältig abgewogen hat und aus der gesundheitspolitischen und finanziellen Verantwortung für die Stadt
heraus mehrheitlich so entschieden hat.
Man fühlt sich natürlich wohler, wenn man einer Volksinitiative, einem -begehren oder einem -entscheid entsprechen kann, wie dies bei den Themen Rosengarten, KITA, Privatisierung der Wasserwerke und weiteren der Fall gewesen ist.
Zu Ihrer "Hoffnung, dass das Volk Herr seiner selbst werden möge", möchte ich anmerken, dass die hier durchschimmernde Identitätstheorie nach Rousseau und anderen in der Praxis bisher immer zu unannehmbaren Ergebnissen geführt hat, sodass ich darin wahrlich keine praktikable Alternative sehe.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Reinert