Frage an Bernd Reinert von Rainer B. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Reinert,
Ihre Antworten auf meine Fragen verdeutlichen, dass die Kinder in Hamburg nicht viel von Ihrer politischen Arbeit erwarten können. Sie stellen sich nicht einmal den konkreten Fragen und Nöten der Kinder wie Ihre Antworten durchblicken lassen. Seien Sie bitte dann auch so ehrlich und versuchen Sie in der Öffentlichkeit kein anderes Bild darzustellen. Im Konkreten zu Ihren Antworten habe ich folgendes anzuführen:
Sie sagen zum Ersten:
“Ihre Behauptung, es seien Kürzungen im Kita-Haushalt vorgenommen worden, entspricht schlicht nicht der Realität” und ziehen dann einen Vergleich mit dem Jahr 2001 heran.
Ich dagegen spreche aber von den Kürzungen 2004/2005 und das wissen Sie auch, also lassen Sie bitte diese Spielchen.
Ganz davon abgesehen, dass Ihr Vergleich in keiner Weise die Anzahl der zu betreuenden Kinder berücksichtigt, in Statistik bekämen sie jetzt von mir eine sechs, nein er ist auch unsinnig, denn wir reden von den Kürzungen 2004/2005 im Kitahaushalt, relativ zu der Anzahl der zu betreuenden Kinder, und der ist Fakt oder behaupten Sie, dass der Senat in 2004/2005 keine Kürzung vorgenommen hat?
Fakt ist: im Jahr 2005 werden 55.642 Kinder im Gutscheinsystem betreut, das sind 3.877 Kinder mehr als in 2004 (+8%). Für die Bildung und Betreuung dieser Kinder gibt es nach den Standards von 2004 600 Vollzeitstellen pädagogisches Personal (-11%) weniger. Das führt zu erheblichen Qualitätseinbußen in den Hamburger Kitas. Das, lieber Herr Reinert, nenne ich ein Kürzung zu Lasten der Kinder Hamburgs.
Dann sagen Sie: “
Besonders erfreulich ist, dass gerade in Stadtteilen mit sozialen Problemlagen die fünfstündige Betreuung mit Mittagessen überdurchschnittlich stark nachgefragt wird.”
Lieber Herr Reinert, das dies erfreulich sein soll, kann man fast schon als zynisch bezeichnen, da die Erhöhung der 5 Stunden Plätze vor allen Dingen durch Kürzungen von ehemaligen 8-10 Stunden Plätzen enstanden sind. Ich würde mich schämen, wenn ich Mitglied einer christlichen Partei wäre und diese Argumente übernehmen würde. Ich würde übrigens auch demjenigen, der mir diese Argumente liefert hat, desgleichen erzählen.
Ihre Bemerkungen über die Elbphilharmonie sind leider Gottes nicht sehr konkret. Ich sage Ihnen als Unternehmer (ich bin kein Lehrer), wenn ich bereits weiß, dass der Return of Investment trotz aller privater Spenden, die sich übrigens vorwiegend auf die Investition aber nicht auf den späteren Bertieb beziehen, negativ ist, dann ist solch ein Projekt purer Luxus, den ich mir nur dann leisten kann, wenn die Kassen voll sind. Auf keinen Fall dürfen derartige Luxusprojekte zu Lasten der Ausbildung unserer Kinder betrieben werden, denn dort ist der ROI unbestritten. Vielleich sollten wir im Senat und in der Bürgerschaft mehr pragmatisch denkende Unternehmer haben.
Mein konkreter Vorwurf: “…. der Senat gibt nur Gutscheine (für Krippen) aus für Kinder, deren Eltern beide eine bezahlte Beschäftigung haben” haben Sie mitnichten durch Ihren Hinweis, dass alle Kinder im Elemantarbereich einen Gutschein bekommen, geschwächt. Im Bereich Krippen ist dies nicht der Fall, und das ist sehr schlimm, wie übrigens unsere von mir sehr hoch geachtete Familienministerin Frau von der Leyen (CDU) ebenfalls seit Jahren feststellt. Also, meine Frage, stellen Sie sich den Anforderungen einer modernen Gesellschaft und bringen Sie ihren Senat dazu, den Empfehlungen aus Ihrer eigenen Partei zu folgen?
Herr Reinert, ich habe nicht viel Erfahrung mit Politikern, aber mich enttäuscht es doch, dass Sie als Fraktionsvorsitzender der regierenden Partei sich in dieser Sache nicht der gesellschaftlichen Verantwortung stellen. Meine Hoffnung ist, dass Sie dieses doch tun aber aus politischen Gründen nicht öffentlich kundtun wollen. Wenn dem so wäre, wäre es doch schön, wenn Sie in der Öffentlichkeit keine vollmundige Verteidigung der Senatspolitik in Sachen Kita vornehmen würden. Diese Politik ist schlicht und einfach für Eltern und Kinder nicht akzeptabel. Ein Vergleich mit einem anderen Bundesland interessiert nicht. Die Politik muss und soll sich an den eigenen Resultaten messen und das sollte oberster Grundsatz sein.
Gruss aus dem kinderfreundlichen Amerika
Rainer Barthel
Sehr geehrter Herr Barthel,
es steht Ihnen frei, meine Antwort mit Schulnoten zu zensieren. Ich für meinen Teil verzichte auf Zensurenvergabe. Ihre Fragen habe ich beantwortet, und Sie wissen auch, dass die von mir angeführten Zahlen stimmen. Also lassen Sie bitte diese Spielchen.
Wie Sie selbst schreiben, ist die Zahl der im KITA-Gutscheinsystem betreuten Kinder von 2004 auf 2005 auf über 55.000 Kinder gestiegen – das ist übrigens der höchste Wert, den es jemals in Hamburg gab. Haben Sie dagegen Einwände? Oder haben Sie dagegen Einwände, dass die Stadt durch die neuen Verträge mit den Trägern bzw. ihren Verbänden diesen Höchststand erreicht hat? Neben fürsorglichen und pädagogischen Gesichtspunkten sollte auch die Wirtschaftlichkeit beachtet werden, was Sie als Unternehmer vielleicht nachvollziehen können.
Wenn frühere 8- bzw. 10-Stunden-Bewilligungen in 5-Stunden-Bewilligungen umgewandelt wurden, dann hat auch dies dazu beigetragen, dass mehr Kinder betreut werden können, und ich finde es gerechter, dass mehr Kinder betreut werden können.
Sie mögen es für falsch halten, dass eine Stadt sowohl in eine Elbphilharmonie investiert (einmalig höchstens 77 Mio €) als auch in ihre Kinder (jährlich weit über 300 Mio € allein für den KITA-Bereich) – ich halte dies für richtig, auch und gerade wenn die Spendensammlung für die Betriebskosten der Elbphilharmonie gerade erst anläuft. Und eine Kultureinrichtung nur nach der Frage des „return on investment“ zu beurteilen, würde konsequenterweise zur Schließung der Staatsoper, des Schauspielhauses, des Thalia-Theaters usw. führen.
Schließlich: ein Vergleich mit anderen Bundesländern mag Sie nicht interessieren, aber mich schon, denn wir stehen an der Spitze der westdeutschen Bundesländer bei der Kinderbetreuung. Deshalb lassen wir uns gern an den eigenen Resultaten messen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Reinert