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Bernd Lange
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Frage von Michael H. •

Frage an Bernd Lange von Michael H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Langer,

die SPD hat auf ihrem Parteitag am vergangenen Wochenende ihre Position zu TTIP und CETA festgelegt. Diese ist aus meiner Sicht rückwärtsgewandt und weicht die vor einem Jahr auf einem Konvent festgelegten roten Linien an wesentlichen Punkten auf. Anders als im Konventsbeschluss werden die Schiedsgerichte nun nicht mehr für überflüssig gehalten, sondern beruhigend und beschönigend als Handelsgerichtshöfe bezeichnet und in dieser Form als Bestandteil des TTIP Vertrages akzeptiert. Die wesentlichen Kritikpunkte bleiben damit bestehen: Auch Handelsgerichtshöfe stellen eine Paralleljustiz dar, die Klagen auf Schadenersatz als Geschäftsmodell unter Umgehung nationalen Rechts weiterhin möglich und lukrativ machen. In einer größeren Transparenz und einer Berufungsmöglichkeit kann ich nur eine geringfügige aber keine grundlegende Verbesserung erkennen.

Beachtenswert dazu ist u.a. die ARD-Dokumentation “Konzerne klagen - Wir zahlen - private Schiedsgerichte“ vom 19.10.2015. Sie zeigt sehr eindrücklich und gut recherchiert, wofür Schiedsgerichte gebraucht und genutzt werden.

Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt - die regulatorische Kooperation, welche Lobbyisten Einfluss auf Gesetzesvorlagen zusichert, bevor diese das Parlament erreichen - wird von der SPD nicht thematisiert.

Deshalb meine Fragen:
Warum hat die SPD ihre roten Linien zurückgesetzt?
Warum taucht das Thema regulatorische Kooperation im Leitantrag nicht auf? Positioniert sich die SPD an anderer Stelle zu diesem Thema?
Halten Sie Handelsgerichtshöfe für für notwendig und stellen diese für Sie eine sinnvolle und demokratische Alternative dar?

Mit freundlichen Grüßen
M. H.

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SPD

Sehr geehrter Herr H.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen, die ich Ihnen gerne beantworte

1. Die SPD hat die roten Linien nicht zurückgesetzt: http://www.bernd-lange.de/imperia/md/content/bezirkhannover/berndlange/2016/b27_ia_8_globalisierung_gestalten_-_fairen_handel_ermo__glichen____demokratische_grundsa__tze_gewa__hrleisten_n.pdf

2. Es ist klar, dass die USA und die EU unterschiedliche regulatorische Systeme mit unterschiedlich ausgestalteten Beteiligungsformen haben. Hier wird es keine Möglichkeit der Harmonisierung oder Übernahme geben. Auch der veröffentlichte Vorschlag der Kommission zum Kapitel für regulative Kooperation stellt dies nicht in Frage. Allerdings gibt es in dem Vorschlag einige verbliebene Unklarheiten. Deshalb hat sich das Europäische Parlament in dieser Frage in seiner Resolution zu den TTIP-Verhandlungen vom 8. Juli 2015 sehr klar positioniert und damit die Messlatte gelegt, unter der kein Abkommen hindurchkommt:

Regulatorische Kooperation in der Resolution des EP zu den TTIP-Verhandlungen:

Das Europäische Parlament fordert die EU-Kommission auf:

c) im Hinblick auf die regulierungstechnische Zusammenarbeit und Kohärenz sowie
nichttarifäre Handelshemmnisse:

i) sicherzustellen [...] dass das Abkommen sich nicht auf noch festzulegende Normen in jenen Bereichen auswirkt, in denen in den USA im Vergleich zur EU völlig andere Rechtsvorschriften oder Normen gelten, wie im Fall der Umsetzung geltender (Rahmen-)Vorschriften (wie REACH) oder beim Erlass neuer Rechtsvorschriften (z. B. für das Klonen) oder bei neuen Begriffsbestimmungen mit Auswirkungen auf das Schutzniveau (z. B. für chemische Stoffe mit endokriner Wirkung); sicherzustellen, dass in den im TTIP-Abkommen verankerten Bestimmungen über die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen weder Formvorschriften für den Erlass von EU-Rechtsakten, die von dem Abkommen betroffen sind, noch diesbezügliche einklagbare Rechte vorgesehen werden;

v) die bilaterale Zusammenarbeit [...] zu fördern, [...] zu diesem Zweck den Informationsaustausch sowie die Annahme und Umsetzung internationaler Instrumente zu verbessern und dabei das Subsidiaritätsprinzip zu achten und sich auf positive Beispiele – wie im Fall der ISO-Normen oder des Weltforums für die Harmonisierung der Regelungen für Kraftfahrzeuge (WP.29) der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) – zu stützen; zu bedenken, dass ...nicht nur die Auswirkungen auf Handel und Investitionen, sondern auch die Folgen für Verbraucher und Umwelt eingeschätzt werden; die Kompatibilität von Regelungen zu fördern, dabei aber weder legitime regulatorische oder politische Zielsetzungen, noch die Zuständigkeiten der Rechtsetzungsinstanzen der EU oder der USA zu beeinträchtigen;

viii) im Rahmen der künftigen Zusammenarbeit in Regulierungsfragen genau festzulegen, welche Maßnahmen technische Handelshemmnisse betreffen und in Bezug auf Verwaltung und Formalitäten mit Doppelarbeit oder unnötigem Aufwand verbunden sind, und welche Maßnahmen grundlegende Normen und Regelungen oder Verfahren zur Verwirklichung von Zielen im öffentlichen Interesse betreffen; ix) die auf beiden Seiten des Atlantik bestehenden Regulierungssysteme und die Rolle des Europäischen Parlaments im Beschlussfassungsverfahren der EU sowie seine demokratische Kontrolle der EU-Regulierungsprozesse bei der Schaffung des Rahmens für die künftige Zusammenarbeit uneingeschränkt zu achten und dabei für größtmögliche Transparenz zu sorgen, in Bezug auf die Konsultationen, die Bestandteil der Ausarbeitung von Vorschlägen für Rechtsvorschriften sind, auf eine ausgewogene Einbeziehung der interessierten Kreise zu achten und den Rechtsetzungsprozess der EU nicht zu verzögern; die Aufgaben, die Zusammensetzung und den rechtlichen Status des Gremiums für die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen festzulegen und dabei zu berücksichtigen, dass jede direkte und verbindliche Anwendung der Empfehlungen dieses Gremiums auf einen Verstoß gegen die in den Verträgen festgelegten Rechtsetzungsverfahren hinausläuft; sicherzustellen, dass das Recht der nationalen, regionalen und lokalen Behörden, für die eigenen politischen Maßnahmen, vor allem im Bereich der Sozial- und der Umweltpolitik, selbst Vorschriften zu erlassen, vollständig gewahrt wird.

3. Private, intransparente und undemokratische Schiedsstellen gehören der Vergangenheit an! Die Europäische Kommission ist diesen Weg nach langem Zögern mitgegangen. Sie hat das Modell eines Investitionsgerichtshofes als neues System vorgestellt und an die Amerikaner übermittelt. Ein ordentlicher Gerichtshof mit transparenten Verfahren, in denen öffentlich ernannte unabhängige Richter entscheiden, und eine verbindliche Revisionskammer sollen den Kern des neuen Systems darstellen. Klar ist, dass es ausschließlich um den Schutz gegen Diskriminierungen geht und das Recht der Gesetzgebung und der Änderung von Gesetzgebungen kein Verletzen von Investorenrechten darstellt. Dieses System hat weltweit Interesse und Lob als Modell eines fairen Instrumentes für Investitionsschutz hervorgerufen, bei interessierten Drittstaaten wie auch internationalen Organisationen wie der United Nations Conference on Trade and Development. Ein gutes Beispiel für die Anwendbarkeit des Modells ist das jüngst abgeschlossene EU-Vietnam Handelsabkommen. Damit wird dieses neue System erstmalig Realität und soll letztendlich zu einem internationalen Investitionsgerichtshof führen. Bei Abkommen mit Staaten, die kein unabhängiges juristisches Rechtssystem haben, ist ein Internationaler Investitionsgerichtshof notwendig.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Lange

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