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Bernd Heynemann
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Frage von Mark E. •

Frage an Bernd Heynemann von Mark E. bezüglich Recht

Hallo Herr Heynemann,

ich habe da einige Fragen zum Thema "Bürgerrechte":

- warum tritt die Union nicht für eine Absenkung des Mindestwahlalters auf 16 Jahre ein, wie es andere Parteien tun?

- inwieweit engagiert sich die Union für mehr direkte Demokratie, also für eine Stärkung der Beteiligungsmöglichkeiten des Bürgers in Kommunen, Ländern, Bund und Europa sowie für die Einführung von Volksentscheiden?
Entgegen anderslautenden Argumentationen denke ich schon, dass eine stückweise Einführung von mehr Volksbeteiligung langfristig von Vorteil für das Volk ist. Warum sollte etwas, das in der Schweiz funktioniert, hierzulande nicht möglich sein? Dort hat man offenbar einen Weg gefunden, sowohl den möglichen Missbrauch des Plebiszits durch „engagierte Interessengruppen“ zu unterbinden, als auch dem Volk die Möglichkeit zu geben, „hochkomplizierte Sachverhalte“ zu begreifen und darüber zu urteilen – ein Vorbild für alle Regierungen, die die Politikverdrossenheit ihrer Bürger beklagen. Dazu kommt, dass es die Möglichkeit des Volksentscheides in Deutschland durchaus auch auf Landesebene gibt – und ich denke doch, wer fähig ist, informiert auf Landesebene abzustimmen, kann dies auch auf Bundesebene, oder nicht?

- inwieweit setzt sich die Union im Strafrecht für den Ausbau des Täter-Opfer-Ausgleichs ein? Soll bei jugendlichen Straftätern mehr auf den Erziehungsaspekt oder mehr auf Strafe gesetzt werden?

- was will die Union für den Schutz der Bürger vor der ungewollten Bloßstellung durch Medien wie z.b. der „BILD“-Zeitung tun?

- unter der rot-grünen Regierung wurden viele wichtige Entscheidungen von der öffentlichen Debatte im Bundestag ausgeschlossen und in Kommissionen und Arbeitsgruppen verlagert, in denen Lobbyisten gewichtige Mitspracherechte haben und in deren Arbeit die Öffentlichkeit keinen Einblick hat – insbesondere letzteres für mich völlig unverständlich. Wird die Union diesen Kurs als Regierungspartei beibehalten, oder soll die parlamentarische Arbeit wieder transparenter für den Bürger werden? Wenn ja, welche Entscheidungsprozesse werden dann wieder öffentlich nachvollziehbar sein, und welche finden weiterhin hinter verschlossenen Türen in Kommissionen statt (und warum)?

Ich bedanke mich für Ihre Antworten.
MfG
Mark Eisner

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Eisner,

vielen Dank für Ihre Fragen.

1.
Derzeit nicht aktuell – es gibt wichtigere Probleme (z. B. Ausbildungsplätze) - außerdem passt es nicht zusammen, das Wahlalter zu senken und die Strafmündigkeit immer weiter hinauszuschieben.

2.
In der Praxis übrigens, so schweizerische Experten, wäre das Gesetz auf unüberwindbare Hürden gestoßen, weil etwa die vorgesehenen Fristen untauglich waren oder die Mehrfachstimmabgabe nicht ausgeschlossen werden konnte. Überdies haben wir uns sehr über das von Rot-Grün gewählte Verfahren gewundert. Der Gesetzentwurf wurde erst dreieinhalb Jahre nach der entsprechenden Selbstverpflichtung im rot-grünen Koalitionsvertrag von 1998 vorgelegt. Und dann hat die Koalition dem Deutschen Bundestag gerade einmal fünf Arbeitswochen für die Entscheidung zugebilligt. Für eine derart einschneidende Verfassungsänderung war ein solches Hau-Ruck-Verfahren nicht angemessen. Es war unübersehbar, dass SPD und Grüne mit diesem untauglichen Gesetzentwurf im Hinblick auf die kommenden Wahlen lediglich einer bestimmten Klientel einen ´Gefallen´ tun wollten. Für derartige Manöver ist uns unsere Verfassung aber zu schade. Daher haben wir der Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene widersprochen. Denn auch wenn die Frage von Plebisziten in hohem Maße populär ist: Die Union darf sich in dieser wichtigen Grundsatzfrage nicht beirren lassen. Unsere Ablehnung plebiszitärer Elemente auf Bundesebene ist auch deswegen gut begründet, weil Plebiszite auf Bundesebene den Zentralismus stärken (Instrumente der direkten Demokratie auf Kommunal- und Landesebene haben sich bewährt und müssen ausgebaut werden, sie lassen sich aber nicht auf die viel komplexeren Entscheidungen auf Bundesebene „hochzurren“), Plebiszite auf Bundesebene tendenziell die – kampagnefähigen - Organisationen weiter stärken (das Ziel von mehr direkter Beteiligung des Einzelnen wird eben nicht erreicht), bei Volksentscheiden auf die Kompromissfindungsmöglichkeit des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens im Plenum und den Ausschüssen verzichtet wird (ein „Volksgesetz“ steht von Beginn an unveränderbar zur Ja-Nein-Abstimmung, während ein parlamentarisches Gesetz während der Beratungen fortgeschrieben und verbessert werden kann), die Gemeinsame Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat nach der Wiedervereinigung die Vorzüge der parlamentarischen Demokratie bis heute unwiderlegbar bestätigt hat, wir keinen Systemwechsel wollen und den Marsch in eine andere Republik ablehnen. Für die Zukunft kommt es darauf an, das parlamentarische System weiter auszubauen, nicht aber, es abzubauen. Verantwortung muss gestärkt, nicht geschwächt werden.

3.
Bei straffällig gewordenen Jugendlichen gilt es, die Möglichkeiten des Jugendstrafrechts zu verbessern: Wir wollen den „Warnschussarrest“, das Fahrverbot und Meldepflichten einführen. Bei schweren Straftaten müssen auch Jugendliche härter als bisher zur Verantwortung gezogen werden. Wir werden die Höchststrafe im Jugendstrafrecht von 10 auf 15 Jahre anheben und die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts für über 18jährige zum Regelfall machen. Wir treten für eine Sicherheitsverwahrung für besonders gefährliche Täter in der Altersgruppe von 18 bis 21 Jahren ein. Ebenso im Vordergrund steht die Prävention: wir wollen ein Umfeld schaffen, das verhindert, dass Jugendliche zu Straftätern werden. Das bezieht sich auf die Verhinderung in Elternhaus und Schule, die Zurückdrängung jugendgefährdender Filme und Computerspiele sowie eine echte Integration jugendlicher Ausländer.

4.
Es gibt einen Gesetzesentwurf der unionsgeführten Bundesländer zum Stalking den die Bundestagsfraktion unterstützt. Dabei müssen die berechtigten Interessen der Medien und Journalisten in Ihrer Arbeit zur Informationsgewinnung berücksichtigt werden.

5.
Parlamentarische Arbeit ist transparent, Regierungshandeln unter Rot-Grün nicht immer. Unseren Stil in dieser Frage können Sie daran erkennen, dass wir mit unserem Regierungsprogramm vor der Wahl sagen, was wir nach der Wahl tun werden.

MfG

Bernd Heynemann