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Bengt Bergt
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Frage von Alexander S. •

Wie stellen Sie sicher, dass in einigen Jahren aus den dann ungenutzten Überkapazitäten von LNG-Terminals von den Investoren nicht Schadenersatz zu Lasten der Allgemeinheit gefordert wird?

Es ist abzusehen, dass die LNG-Terminals nicht 30 Jahre lang - bis 2054 - Profit abwerfen werden, da LNG (hoffentlich) dann längst obsolet ist. Aus den bisherigen Erfahrungen werden zwar Profite gern privatwirtschaftlich einkassiert, Verluste jedoch vergesellschaftet (Bankenkrise, Coronahilfen, Lufthansa, Karstadt...). Sie haben sich am 21.6. im Bundestag sehr für den weiteren Ausbau der Terminal-Infrastruktur eingesetzt an der Ostsee , obwohl massive Beeinträchtigungen (Natur, Touristik) zu befürchten sind. Wie gewährleisten Sie, dass nicht auch noch der Steuerzahler für die perspektivischen Investruinen zahlen muss?

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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Meine Meinung sowie meinen Standpunkt zum Thema LNG-Terminals, haben Sie sicherlich meiner Rede v. 21. Juni 2023 entnehmen können, die Sie in Ihrer Anfrage andeuteten; am 07. Juli 2023 habe ich im Deutschen Bundestag ebenfalls hierzu gesprochen (Deutscher Bundestag - Mediathek).

Mit den Beschlüssen vom 7. Juli 2023 haben wir im Deutschen Bundestag die Novelle des LNG-Beschleunigungsgesetzes verabschiedet. Mit den Beschlüssen aus der vergangenen Woche aus dem Bundestag und Bundesrat erhält das Energiegesetz nun wichtige Updates.

An dieser Stelle würde ich neben meinen Worten sowie Zeilen einige Inhalte des LNG-Beschleunigungsgesetzes erwähnen, welche vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zusammengefasst wurden:

Das LNG-Beschleunigungsgesetz gewährt zeitlich befristet und für festgelegte Standorte Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung. Materielle Standards des Umwelt- und Naturschutzrechts bleiben hingegen erhalten und werden nicht abgesenkt. Mit dem novellierten Gesetz wird unter anderem die Anlage zu den Vorhabenstandorten aktualisiert. Neu aufgenommen wird der Standort Mukran (Hafen von Sassnitz auf Rügen) sowie die Fortführung der erforderlichen Anbindungsleitung, die durch die Ostsee bis nach Lubmin führen soll, wo das in Mukran regasifizierte LNG in das bestehende deutsche und europäische Fernleitungsnetz eingespeist wird. Hierdurch wird ein langwieriger Netzausbau an Land vermieden und die Energieversorgung in Ost- und Süddeutschland sowie in den europäischen Nachbarländern auch im Falle eines kalten Winters oder eines Ausfalls bestehender Gaslieferungen sichergestellt.

Mit dieser Änderung werden Ergebnisse der Standort-Untersuchungen gesetzlich abgebildet. Die Untersuchungen wurden in den vergangenen Monaten im Auftrag des federführenden Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz durchgeführt. Dabei hat sich gezeigt, dass das Hafengebiet in Mukran für die Versorgung mit LNG durch so genannte Floating Storage and Regasification Units (FSRU) besser geeignet ist als ein Standort „Offshore“ vor Rügen. Der Hafen Mukran liegt in einem Gewerbe- und Industriegebiet, so dass Baumaßnahmen sowie die Verankerung industrieller Anlagen wie FSRUs hier verträglicher umsetzbar sind und sich besser mit den Zielen der örtlichen Planung vereinbaren lassen. Neben der bestehenden Hafen-Infrastruktur wird auch die Möglichkeit, Materialien über den Landweg anzuliefern, als Vorteil des Standorts Mukran angesehen.

Darüber hinaus sind die spätere Nutzung der dortigen Hafeninfrastruktur in Mukran und ggf. der Leitungen für eine „grüne“ Nutzung grundsätzlich möglich. Die Ostseeküste kann daher perspektivisch einen wichtigen Beitrag leisten für den Import von Wasserstoff und seinen Derivaten sowie zu Wertschöpfung und Arbeitsplätzen in der Region.

Das LNG-Beschleunigungsgesetz gilt nicht nur für die kurzfristig einzusetzenden FSRUs, sondern auch für feste landseitige Terminals. Diese sollen die FSRUs ersetzen und die Gas-versorgung über importiertes LNG – solange dies noch nötig ist – garantieren. Daher sieht bereits das aktuell geltende LNGG vor, dass Genehmigungen für die festen LNG-Anlagen bis spätestens zum 31. Dezember 2043 zu befristen sind. Ein anschließender Weiterbetrieb kann nur für klimaneutralen Wasserstoff oder dessen Derivate genehmigt werden und ist bereits bis zum 1. Januar 2035 zu beantragen. Die festen LNG-Anlagen müssen daher von Anfang für eine grüne Nachnutzung geplant sein.

Die Gesetzesnovelle setzt hier aus Gründen des Klimaschutzes und der Wirtschaftlichkeit früh an: Um Fehlinvestitionen ("stranded investments") zu vermeiden, werden die Genehmigungsregelungen konkretisiert und vollzugstauglich ausgestaltet: die Anlagen müssen von Anfang an grundsätzlich so konzipiert werden, dass sie später mit Wasserstoff oder Derivaten genutzt werden können. Hierzu müssen Anlagenkomponenten grds. von Anfang an „grün“ geplant sein. Einzelne Bestandteile können auch später umgerüstet werden, wenn die Kosten der Umrüstung maximal 15 Prozent der Kosten für die Errichtung der LNG-Anlage betragen werden. Dies müssen die Betreiber bereits im Genehmigungsverfahren für den LNG-Betrieb nachweisen.

Das LNG-Gesetz hat bereits dazu geführt, dass an drei Standorten – Wilhelmshaven, Lubmin und Brunsbüttel – so genannte FSRUs sehr schnell in Betrieb genommen werden konnten. Nicht zuletzt durch diese Maßnahme konnte eine unzureichende Gasversorgung im vergangenen Winter vermieden und die Versorgungssicherheit trotz des kurzfristigen Wegfalls erheblicher Liefermengen aus Russland sichergestellt werden. Weitere Projekte sind bereits in der Umsetzungsphase und wir rechnen damit, dass im nächsten Winter weitere FSRUs zum Einsatz kommen werden. Die ersten festen LNG-Terminals sind für das Jahr 2027 geplant. Mit ihnen soll dann künftig auch der Übergang in die Wasserstoffnutzung erfolgen. Die Novelle des LNG-Beschleunigungsgesetzes leistet somit einen wichtigen Beitrag zur klimaneutralen Versorgungssicherheit mit Gas in Deutschland und Europa.

In der jetzigen Gesetzgebung haben wir dafür gesorgt, dass Investitionsruinen nicht mehr entstehen können. Wir haben eine Rückbauverpflichtung implementiert, wenn keine Nutzung für erneuerbare Gase möglich ist (s.o.) und wir haben dafür gesorgt, dass FSRU’s abgezogen werden, wenn ein landseitiges LNG-Terminal gebaut werden sollte. Mit diesen beiden Aspekten haben wir sehr große Vermeidungspunkte aufgenommen hinsichtlich der von Ihnen angesprochenen Kosten. Zur Umlegung der Kosten auf die Allgemeinheit möchte ich ebenfalls mit einem Satz eingehen: Es werden keine hohen Mehrkosten entstehen, da die Finanzierung durch die Netzdurchleitungsgebühren abgedeckt ist, welche bereits jetzt schon für Gaslieferungen erhoben werden. Aus Energiesicherungsgründen werden somit lediglich die Kosten der FSRU’s vom Bund getragen.

Weitere Informationen zum Gesetzgebungsprozess finden Sie hier: Deutscher Bundestag - Gesetzentwurf zum Ausbau der LNG-Gas-Infrastruktur beraten

Wenn Sie noch weitere Fragen haben, wenden Sie sich gerne an mein Team oder an mich unter bengt.bergt.wk@bundestag.de oder bengt.bergt@bundestag.de.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Bengt Bergt

Bundestagsabgeordneter

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