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Beatrix Philipp
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Frage von Peter M. •

Frage an Beatrix Philipp von Peter M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Philipp,

mit großer Enttäuschung habe ich zur Kenntnis genommen, dass sie, wie die meisten Unionsmitglieder, dem Gesetz zur Bildung einer Zensurinfrastruktur im Internet zugestimmt haben.

Als IT-Experte und langjähriger Berater von Unternehmen sowie der öffentlichen Hand mag ich mich in die lange Liste von Kollegen einreihen, die an etlichen Stellen die Wirkungslosigkeit dieses Instruments und zeitgleich auch seine Gefährlichkeit herausgestellt haben.

Der Beschluss war noch nicht einmal gefasst, da wurden bereits Begehrlichkeiten - ebenfalls aus der Union - laut, die Sperrtechnik auf andere Bereiche auszudehnen.

Als Opfer von sexuellem Missbrauch finde ich es empörend, ekelhaft und entwürdigend, wenn diese Erlebnisse nun auch noch herhalten müssen, um ein Gesetz dieses Kalibers durch das Parlament zu bringen.

Was ich nun von Ihnen als die Abgeordnete meines Wahlkreises gerne wissen möchte ist, wieso Sie dem Gesetz zugestimmt haben, obwohl die blanken Fakten sowohl dessen Wirkungslosigkeit als auch Gefährlichkeit für die Demokratie beweisen.

Ebenso würde mich interessieren, weshalb am Entwurf keine tatsächlichen Fach-Experten beteiligt waren bzw. die wenigen, die es waren und unisono davor gewarnt haben, schlichtweg ignoriert wurden, von der zahlreich unterzeichneten Petition ganz zu schweigen!
Es ist keine Schande, sich bei fremder Materie beraten zu lassen, es kann nun einmal nicht jeder Experte für alles sein. Ich mag Ihnen und Ihren Kollegen einmal nicht unterstellen, dass sie sehenden Auges für ein solches Gesetz gestimmt haben.

Auf Ihre Antwort bin ich sehr gespannt.

Mit freundlichen Grüßen,

P. Müller

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Müller,

zunächst herzlichen Dank für Ihr politisches Engagement.

Ein Gesetz zur Bildung einer Zensurinfrastruktur im Internet ist mir leider nicht bekannt. Eventuell haben Sie das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen gemeint, daher gehe ich darauf ein. Das Thema der Kinderpornographie ist ein sehr sensibles. Daher versichere ich Ihnen, dass das Gesetzgebungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt und Sensibilität behandelt wurde.

Die wichtigsten Punkte in diesem Gesetz lauten wie folgt:

1. Durch die Sperrung der kinderpornographischen Seiten im Internet wird der Kampf gegen dieses Verbrechen um präventive Maßnahmen ergänzt. Zufällige Besuche auf diesen Seiten werden durch eine Stopp-Seite verhindert. Die Stopp-Seite setzt ein deutliches gesamtgesellschaftliches Signal für das Netz: Stopp, hier geht es nicht weiter, hier wird der legale Raum verlassen. Die Sperrung solcher Seiten ist eine zusätzliche und ergänzende Maßnahme, wenn ein wirksames Vorgehen direkt gegen die schrecklichen Inhalte bei ausländischen Angeboten nicht möglich ist. Die Stoppseite ist ein wichtiger Baustein einer Gesamtstrategie gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und seine Darstellung im Internet.
2. Nutzer, die z.B. durch Links in Spam-Mails auf diese Stopp-Seite gelangen, müssen nicht mit Strafverfolgung rechnen. Die Daten, die an der Stopp-Seite anfallen, dürfen für die Strafverfolgung nicht genutzt werden. Damit ist ein anderslautender Entwurf des SPD-geführten Justizministeriums vom Tisch. Für uns ist klar, dass Hersteller und Konsumenten von Kinderpornographie mit aller Härte des Gesetzes verfolgt werden. Genauso klar ist aber auch, dass wir harmlose Nutzer nicht durch – letztlich unbegründete – staatliche Verfolgungsmaßnahmen stigmatisieren und ihre bürgerliche Existenz vernichten dürfen.
3. Der Vorschlag von Bundesministerin. von der Leyen, ein Expertengremium einzurichten wurde realisiert: Der Datenschutzbeauftragte benennt fünf Mitglieder, die berechtigt sind, jederzeit die Sperrliste beim Bundeskriminalamt einzusehen und zu überprüfen.
4. Löschen geht vor Sperren: Wir bekämpfen das Übel an der Wurzel und werden nur dann sperren, wenn wir gegen die Inhalte nicht oder nicht zeitnah vorgehen können.
5. Wir haben klargestellt, dass Sperrmaßnahmen auf kinderpornographische Internet-Seiten beschränkt bleiben.
6. Nach zwei Jahren wird eine Evaluierung durch die Bundesregierung stattfinden. Ein Jahr später wird das Gesetz auf Grund der gewonnenen Erfahrungen optimiert werden. Das ist moderne Gesetzgebung, wenn man mit einer zukunftsfähigen Regelung Neuland betritt.

Besonders wichtig ist mir dabei, klar zu stellen, dass es sich bei der genannten Sperrliste und bei der Verpflichtung der Internet Provider, die auf dieser Liste enthaltenen Internet-Seiten zu sperren, eben nicht um eine Zensur des Internets handelt, bei der der Staat – aus welchen Gründen auch immer – einige Internetseiten sperren lässt, um seine Bürgerinnen und Bürgern mehr oder weniger willkürlich an der Nutzung des Internets zu hindern. Läge die Sache so, würde ich Ihre Bedenken – insbesondere hinsichtlich der Zusammenstellung der Sperrliste und ihrer Überprüfung – uneingeschränkt teilen und hätte den Gesetzentwurf nicht unterstützt. Die Sache liegt aber anders, denn hier geht es um die Verhinderung von Straftaten gem. § 184b des Strafgesetzbuches. In der öffentlichen Diskussion ist leider bisher nicht ausreichend verdeutlicht worden, dass die Einschränkungen des Zugangs und die Strafverfolgung sich nur auf die besondere Struktur des § 184b des Strafgesetzbuches beziehen, d.h. auf die Verschaffung von Kinderpornographie. Es ist nicht daran gedacht, ähnliche Maßnahmen auch bei anderen Rechtsverletzungen zu ergreifen, bei denen z.B. das Betrachten der Seite straflos ist und eine weitere Handlung – möglicherweise ein Download einer Datei – hinzutreten muss, um ein Rechtsgut zu verletzen. Insofern bin ich fest davon überzeugt, dass dieses Gesetzesvorhaben die Grundrechte der Bürger nicht tangiert.

Es ist sehr schwer, konkret quantitativ zu beurteilen, ob und inwiefern dieses Gesetz den Konsum von Kinderpornographie und die Produktion von Kinderpornographie verhindert oder erschwert. Eine Patentlösung wird es nicht geben. Dies sollte uns aber nicht daran hindern, Maßnahmen zu ergreifen, die zumindest einige Straftaten verhindern. Das ist nicht perfekt, aber besser, als den Kopf in den Sand zu stecken.

Mir ist klar, dass das Gesetz kein Allheilmittel ist. Aber es ist ein weiterer Baustein in unserer Gesamtstrategie, die Kinder zu schützen und den Markt für Kinderpornographie soweit es geht auszutrocknen. Jetzt ist es Zeit, entschlossen handeln. Denn uns alle eint das Ziel: Mehr Schutz für Kinder.

In den durchgeführten Anhörungen sind zahlreiche Experten zu Wort gekommen. Das Gesetz wurde nicht einfach aus dem Ärmel geschüttelt, sondern wohl durchdacht. Wenn Sie sich konkret mit dem Gesetzgebungsverfahren auseinandersetzen und sich zum Beispiel das Plenarprotokoll anschauen würden, würde Ihnen dies auch deutlich werden.

Mit freundlichen Grüßen
Gez. Beatrix Philipp