Frage an Beate Merk von Karl Hans B. bezüglich Verbraucherschutz
Gegen die HVB ( und auch andere Banken) sind eine Vielzahl von Klagen wegen SWAP-Geschäften anhängig.
Wenn Sie sich die laufenden Verfahren vor der Kammer für Handel und anderen Kammern in München ansehen, werden Sie eine gewisse Häufung feststellen.
Die Systematik ist immer die selbe.
Die Berater der HVB haben mittelständischen Firmen und auch Privatpersonen Cross-Currency-Swaps und ähnliche Geschäfte verkauft, ohne über alle Risiken aufzuklären. Die Geschäfte wurden meistens refinanziert und die HVB war aus der Haftung.
Leider können eine Vielzahl von Firmen nicht gegen die HVB prozessieren, da auch Kreditlinien
und Darlehen bei diesem Institut geführt werden.
Diese Swap-Geschäfte laufen bis zu 10 Jahre und werden die Liquidität und die Ertragslage der Firmen in Bayern erheblich belasten, wenn nicht bis zur Insolvenz führen.
Was gedenken Sie hier zu tun, um den Mittelstand in Bayern vor diesen Banken zu schützen?
und allen Geschädigten eine Klage gegen die HVB zu ermöglichen.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Karl Hans Bauer
Sehr geehrter Herr Bauer,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 21. Februar 2013, in der Sie von den erheblichen Belastungen insbesondere für mittelständische Unternehmen durch sog. Swap-Geschäfte berichten und auf die in München laufenden Verfahren gegen verschiedene Banken wegen Swap-Geschäften hinweisen.
Zunächst muss ich um Verständnis bitten, dass ich mich zu den von Ihnen erwähnten gerichtlichen Verfahren nicht äußern kann. Dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ist es als Organ der Justizverwaltung wegen der verfassungsrechtlich gewährleisteten richterlichen Unabhängigkeit verwehrt, gerichtliche Verfahren zu überprüfen oder richterliche Entscheidungen abzuändern, aufzuheben oder auch nur zu kommentieren. Die Gerichte sind nach Art. 97 Abs. 1 des Grundgesetzes und nach Art. 85 der Verfassung des Freistaates Bayern unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Ihre Entscheidungen können nur im ordentlichen Rechtsmittelweg angefochten werden.
Im Allgemeinen kann ich Ihnen zur Rechtslage jedoch Folgendes mitteilen: Die höchstrichterliche Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die Beratung bei hochkomplexen Finanzprodukten, zu welchen etwa auch Swap-Geschäfte gehören können. Bei diesen handelt es sich um außerbörsliche Finanztermingeschäfte, die in diverse Untergruppen, wie etwa Zinssatz-, Währungs-, Wertpapier-, und Warenpreis-Swaps, mit jeweils unterschiedlich ausgestalteten Leistungspflichten sowie divergierenden Risikograden unterteilt werden können.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 22. März 2011 (BGH Az.: XI ZR 33/10) seine ständige Rechtsprechung fortgesetzt, wonach eine Bank zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet sei und alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig mitteilen müsse. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (so der BGH in seinem Urteil vom 22.3.2011, siehe Rn 20 mit weiteren Nachweisen).
Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Bank bei der Anlageberatung vor der Abgabe einer Empfehlung verpflichtet, die Risikobereitschaft des Anlegers zu erfragen. Diese Erkundigungspflicht entfalle nur dann, wenn ihr diese Umstände, beispielsweise aus einer langjährigen Geschäftsbeziehung oder dem bisherigen Anlageverhalten des Anlegers, bereits bekannt sind. Der BGH hat insbesondere entschieden, dass bei einem so hochkomplexen Anlageprodukt wie dem im konkreten Fall zugrundeliegenden CMS Spread Ladder Swap-Vertrag die Aufklärung gewährleisten müsse, dass der Anleger im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissenstand wie die ihn beratende Bank habe. Nur so sei ihm eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber möglich, ob er das ihm angebotene Anlagegeschäft eingehen wolle (BGH a.a.O. Rn. 29).
Was Ihren konkreten Fall angeht, muss ich Sie allerdings darauf hinweisen, dass eine rechtliche Beratung durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nicht erfolgen kann. Die Erteilung von Rechtsauskünften und insbesondere die konkrete Beratung in Einzelfällen ist von Gesetzes wegen den rechtsberatenden Berufen, insbesondere den Rechtsanwälten und Notaren, vorbehalten. Ich kann Ihnen daher nur empfehlen, sich in Ihrer Angelegenheit an einen Rechtsanwalt zu wenden. Ob die oben dargestellten strengen Anforderungen an die Beratung bei Anlageprodukten gemäß der Rechtsprechung des BGH von der Bank in Ihrem Falle beachtet wurden, obliegt letztlich allein der Entscheidung des zuständigen Gerichts.
Darüber hinaus bestehen auf europäischer Ebene Überlegungen, den Betrieb von besonders riskanten und hochkomplexen Finanzprodukten an Privatkunden einzuschränken. Eine von meinem Haus geleitete Projektgruppe, die von der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz eingesetzt worden ist, kommt in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass bestimmte Finanzprodukte aufgrund ihrer strukturellen Merkmale für durchschnittstypische Privatkunden nicht geeignet sind. Nach Auffassung der Projektgruppe, die die Überlegungen über Vertriebsbeschränkungen auf europäischer Ebene unterstützt, sollten derartige Finanzprodukte aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht oder nur mit entsprechenden deutlichen Hinweisen auf den Produktinformationsblättern in den Vertrieb gelangen. Damit könnte zumindest der Schutz von Privatkunden auf einer der Beratung vorgelagerten Ebene gestärkt und verbessert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Beate Merk, MdL